Mentoren führen Migranten zum Abitur
15 Frauen kümmern sich ehrenamtlich am Humboldt-Gymnasium um Kinder aus Zuwandererfamilien. Die Erfolge sind beachtlich. „Ohne ihre Hilfe wäre es schwer gewesen“, sagt einer der Geförderten.
Als die heute elfjährige Ilenia vor zwei Jahren mit ihren Eltern aus Italien nach Deutschland kam, sprach sie kein Wort Deutsch. „Die ersten zwei Monate waren sehr schwer“, erzählt sie. Das sieht heute anders aus. Mittlerweile sind die Sprachkenntnisse der Schülerin des Humboldt-Gymnasiums kaum noch von denen der Muttersprachler zu unterscheiden. Das liegt insbesondere an dem von der Elternschaft auf die Beine gestellten Mentorenprogramm „Ment for Migra“, das Kinder aus Zuwandererfamilien auf dem Weg zum Abitur begleitet.
15 Mütter engagieren sich aktuell ehrenamtlich am Humboldt-Gymnasium als Mentorinnen. Neben ihren eigenen Sprösslingen kümmern sie sich jeweils noch um ein Kind aus einer Zuwandererfamilie. Wöchentlich treffen sie sich dafür mit den Kindern, um diese bei den großen und kleinen Herausforderungen in Schule und Alltag zu unterstützen. Das beinhaltet Hilfe bei der Sprache oder den Hausaufgaben, aber gleichzeitig auch bei der Integration in die hiesige Kultur.
Initiiert wurde „Ment for Migra“von Dorothee Kettner. Sie ist Grundschullehrerin und hat selbst drei Kinder, die das HumboldtGymnasium besuchen. Acht Jahre ist es her, dass sie von einer Lehrerin in der Grundschule ihrer Kinder angesprochen wurde. Da sei ein Junge namens Moubarak, der genügend Potenzial für das Gymnasium habe, doch aus seinem Elternhaus aufgrund sprachlicherer Hürden nur wenig Hilfe bekommen könne. So nahm sich Kettner des Jungen an und begleitete ihn auf seinem Weg durch das Gymnasium. Mit Erfolg: Im kommenden Jahr wird der heute 17-Jährige sein Abitur ablegen. „Ohne ihre Hilfe wäre es schwer gewesen“, resümiert er. Für die Zeit nach seinem Abitur hat Moubarak bereits Pläne: „Ich möchte gerne Medizin studieren“, sagt er.
Als Dorothee Kettner ihre Idee damals Schulleiter Volker Syring vorstellte, ging es zunächst nur um Moubarak. Doch vor drei Jahren entstand bei Kettner die Idee, daraus ein größeres Projekt zu machen. Nachdem sie vergeblich beim Schulamt um konkrete Unterstüt- zung geworben hatten, entschied sich Syring dazu, das Projekt zunächst alleine am Humboldt-Gymnasium zu stemmen. Denn von der Idee dahinter war er sofort überzeugt: „Zuwandererkinder haben es in Deutschland leider immer noch sehr schwer“, sagt er.
Drei bis vier Kinder werden seitdem jährlich in das Programm aufgenommen. Um geeignete Kandidaten zu finden, erkundigt sich Dorothee Kettner bei Grundschullehrern, ob sie unter den Viertklässlern ein Kind kennen, das zu dem Projekt passen würde. Danach finden Treffen zwischen ihr, Volker Syring und den Eltern des Kindes statt. Denn das Engagement der Eltern ist eine wichtige Säule ihrer Arbeit: „Ohne die Eltern funktioniert es nicht“, sagt sie. Dabei gehe es um Fördern und Fordern. Auch die Eltern werden durch die Mentorinnen unterstützt. Zum Beispiel durch Begleitung bei Behördengängen und Elternabenden. Gleichzeitig erwartet Kettner, dass sie Deutsch lernen, um ihr Kind zu unterstützen.
Die Mentorentätigkeit beginnt bereits im letzten Jahr der Grundschule und ist je nach Kind auf rund zwei bis drei Jahre angelegt, in Einzelfällen auch länger. Doch wie im Fall von Moubarak soll auch später der Kontakt bestehen bleiben. „Es entsteht eine intensive Bindung zu den Kindern“, sagt Kettner.
Gerne würde sie das Projekt „Ment for Migra“auf andere Schulen ausweiten. Doch bislang konnte sie dafür keine finanziellen Mittel der öffentlichen Hand anwerben. Aber das ehrenamtliche Engagement hat seine Grenzen. „Um das Projekt auf andere Schulen auszuweiten, bräuchten wir eine halbe Stelle. Und die kostet nun mal Geld“, sagt Kettner,