„Ganz Afrika kann nicht nach Europa kommen“
Paul Nkamani Flüchtling aus Kamerun gegnung entsteht ein filmisches Tagebuch: „Als Paul übers Meer kam“ist als Auftakt einer vierteiligen ZDF-Reihe zumWeltflüchtlingstag (20. Juni) zu sehen.
Pauls Weg nach Europa ist – wie der so vieler Migranten – lang und gefährlich: Von Kamerun aus schlägt er sich über die Sahara bis zur Mittelmeerküste durch. In einem Schlauchboot wagt er schließlich die Überfahrt. Die Hälfte seiner Mitreisenden stirbt. Paul überlebt.
Jakob Preuss erzählt das zu Beginn noch mit großer Ruhe und Distanz. Der Film kommt auch weitgehend ohne dramatische Bilder, etwa von überfüllten Flüchtlingslagern oder Booten, aus. Der Intensität tut das aber keinen Abbruch. Ganz im Gegenteil: Die Anspannung und die Angst der gezeigten Personen sind stets spürbar.
Der Film konzentriert sich dabei ganz auf Paul und dessen Weg. Der politische Kontext bleibt nur leises Hintergrundrauschen. Die Dimension der Flüchtlingskrise, die zum Zeitpunkt von Pauls Überfahrt im Dezember 2014 noch nicht so heißt, dürfte aber ohnehin vielen Zuschauern bekannt sein.
Reporter Jakob trifft Paul nach dessen Überfahrt in Spanien wieder. Der Kameruner will weiter nach Deutschland reisen. Dem vermeintlich neutralen Journalisten dämmert allmählich, dass sein neuer Freund auch Erwartungen an ihn stellen könnte. Zunehmend steht Jakob vor der Frage: Soll er seine journalistische Distanz wahren oder Paul helfen?
Von diesem Moment an wird aus dem Reporter Jakob ein zentraler Akteur des Films. Immer wieder stellt er sich die Frage: „Ist das legal, was ich hier mache?“Zum Beispiel, als er Paul nach dessen Einreise nach Deutschland mit seinem Auto nach Berlin fährt.
Mit der Zeit kommt es aber auch zu Meinungsverschiedenheiten zwischen den beiden. Paul ist manchmal etwas zu konservativ für Jakobs Geschmack.„Ganz Afrika kann nicht nach Europa kommen“, sagt der Kameruner einmal. Und: „Ich will irgendwo leben, wo es kaum Schwarze gibt.“Wo es keine Schwarzen gebe, könnten die Menschen schließlich auch keine Vorurteile haben, meint Paul. Das ist aber noch vor seiner Ankunft in Deutschland.
In Berlin folgt der Film dann Schritt für Schritt Pauls Konfrontation mit dem deutschen Behördensystem. Vorläufige Endstation: eine Aufnahmeeinrichtung im brandenburgischen Eisenhüttenstadt. „Ich bin kein Rassist. Ich hasse euch alle“, steht dort an der Wand des Bahnhofsgebäudes. Schwarze gibt es hier tatsächlich kaum.
Afrika vermisse er aber nicht, sagt Paul. Das mag auch daran liegen, dass Filmemacher Jakob den Kameruner zum Schluss des Films noch weiter in sein Leben hineinlässt – weiter, als er es zu Beginn der Dreharbeiten für möglich gehalten hätte. „Mein Plan geht auf“, sagt er.
Pauls Start in Deutschland ist damit sicher besser als der vieler anderer Migranten. Seine Chancen auf ein Bleiberecht dürfte das aber kaum erhöhen. Noch ist Pauls Plan nicht aufgegangen.