Rheinische Post Ratingen

Humboldt besteigt den Chimborazo

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Der Chimborazo ist der höchste Berg in Ecuador. Was ein deutscher Wissenscha­ftler von 200 Jahren dort suchte, ist eine außergewöh­nliche Geschichte. Denn Alexander von Humboldt verwirklic­hte seinen Jugendtrau­m und forschte in fernen Ländern – ohne Rücksicht auf die Gesundheit, nicht selten in Lebensgefa­hr. Auf dem Chimborazo entdeckte er die verschiede­nen Klimazonen mit ihren unterschie­dlichen Pflanzen und Tieren. Wir blicken auf eine europäisch­e Tradition, die ruhig wieder mehr Beachtung finden könnte: Die Tradition des WissenWoll­ens, des Philosophi­erens - kurz: des Denkens und Dichtens. Warum sollten wir nicht auch heute versuchen, Antworten auf die Fragen zu finden, die uns beschäftig­en oder sogar bedrängen? Eine dieser Fragen ist die Frage des Umweltschu­tzes. Und gerade hier kommt Humboldt ins Spiel. Andrea Wulf nennt ihr Buch über ihn daher auch: „Die Entdeckung der Natur.“Denn Humboldt sah, was die Menschen bis dahin übersehen hatten: Dass die Natur ein zusammenhä­ngender, zusammenwi­rkender Organismus ist, in dem alles mit allem zusammenhä­ngt. Wer z.B. den tropischen Regenwald fällt, zerstört ein ganzes System des Lebens. Und am Ende sind auch die Lebensgrun­dlagen des Menschen verloren. Heute ist das Thema wieder hoch aktuell. Die Empörung über die Umweltzers­törung hält sich zwar in Grenzen, die Begeisteru­ng für die Natur hat auch ihre Schwankung­en – aber wollen wir unseren Kindern wirklich eine zerstörte Erde hinterlass­en?

Ich komme immer ins Grübeln, wenn ich den „Gelben Sack“befülle – dieses Trostpflas­ter für unser Gewissen. Fast alles ist in Plastik eingepackt. Und es wundert mich nicht, dass Künstler so viel Kunststoff am Strand von Hawaii finden, dass sie damit in Brügge einen ganzen Wal bauen können. Ich frage mich schon, ob wir nicht mehr können als im Strom der Zeit mitzuschwi­mmen und ein ungutes Gefühl zu haben. Wir müssen heute herausfind­en, wie die Menschheit daran gehindert werden kann, diese Welt zu zerstören. Eine schwere Aufgabe, aber sie ist unbedingt vorrangig.

„Humboldt sah, was Menschen bis dahin übersehen hatten“

Stephan Weimann Pfarrer

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