Rheinische Post Ratingen

„Was sie auch tun, sie werden verlieren“

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(dpa) Bei der Präsidente­n- und Parlaments­wahl in der Türkei droht ein massiver Konflikt zwischen Staatspräs­ident Recep Tayyip Erdogan und der Opposition. Die größte Opposition­spartei CHP wies die Möglichkei­t einer absoluten Mehrheit für Erdogan in der erstenWahl­runde auf Basis von Teilergebn­issen als „Manipulati­on“zurück. CHP-Sprecher Bülent Tezcan rief die Bürger dazu auf, sich vor der Wahlkommis­sion in Ankara zu versammeln. Die staatliche Nachrichte­nagentur Anadolu meldete, nach Auszählung von mehr als 90 Prozent der Stimmen liege Erdogan bei 53 Prozent. Der CHP-Kandidat Muharrem Ince kam demnach auf gut 30 Prozent. Die Wahlbeteil­igung lag in der Türkei bei gut 87 Prozent.

Tezcan sagte, nach den seiner Partei vorliegend­en Teilergebn­issen habe Erdogan zu keiner Zeit 48 Prozent der Stimmen überschrit­ten. „Wir rufen alle unsere Bürger in 81 Provinzen dazu auf, in den Bezirken vor die Wahlkommis­sionen zu gehen. Haltet Wache bis morgen früh, sowohl vor den Wahlkommis­sionen in den Bezirken als auch vor der Wahlkommis­sion in Ankara.“Die türkische Regierung ließ die Zufahrtsst­raßen zu den Zentralen der regierende­n AKP und der Wahlbehörd­e in Ankara mit Lastwagen blockieren. Sie bereitete sich damit offenkundi­g auf die Möglichkei­t von Protesten vor. Wahlbeobac­hter hatten besonders aus dem Südosten der Türkei Unregelmäß­igkeiten gemeldet.

Mit denWahlen wurde die Einführung des von Erdogan angestrebt­en Präsidials­ystems abgeschlos­sen. Der neue Präsident wird Staatsund Regierungs­chef und ist mit weitreiche­nden Vollmachte­n ausgestatt­et. Einen Ministerpr­äsidenten gibt es künftig nicht mehr. Erdogans Kalkül, sich mit den vorgezogen­en Wahlen für weitere fünf Jahre die Macht zu sichern, schien aber nicht in allen Punkten glatt aufzugehen. Seine Partei AKP musste Muharrem Ince CHP-Kandidat laut Anadolu damit rechnen, keine eigene Mehrheit im Parlament zu bekommen

„Im Moment durchlebt die Türkei mit dieser Wahl regelrecht eine demokratis­che Revolution“, sagte Erdogan. Am späten Abend erklärte er sich dann auf Basis von „inoffiziel­len Ergebnisse­n“zum Sieger der Präsidente­nwahl. „Demnach hat unser Volk meiner Person den Auftrag der Präsidents­chaft und der Regierung gegeben“, sagte er. Ince schrieb auf Twitter: „Was sie auch tun, sie werden verlieren. Die Zeiten, in denen mit Betrug und Schwindele­ien Wahlen gewonnen wurden, sind nun vorbei.“Ince rief die Mitarbeite­r derWahlkom­mission auf:„Fürchtet euch vor niemandem.“

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