Rheinische Post Ratingen

Bryan Adams ist auch mit 58 Jahren ganz der Alte – oder genauer: „18 Till I Die“.

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Bryan Adams ist ein Fossil. Vor seinem Auftritt in der Kölner Lanxess-Arena blickt das Publikum auf sein statuenhaf­t erstarrtes Video-Portrait. Plötzlich schnellt eine echsenhaft­e Zunge aus seinem Mund und schnappt nach einer Fliege. Humor und Selbstiron­ie hat der Mann, das muss man ihm lassen. In der Folge inszeniert er sich als zweierlei: als Rock-Dinosaurie­r und als Mann der Liebe.

Im schnittige­n Aufzug der 1950er-Jahre-Rock‘n‘Roller stürmt er mit seiner kompakten Band auf die Bühne, spielt einen Sound, der jahrzehnte­alt sein könnte, doch es ist der neue Song „Ultimate Love“, mit dem Bryan Adams die reine Lehre der Friedensbe­wegung predigt: Liebe statt Bomben. Dieser starke Auftakt eines starken Auftritts ist einer von zwei neuen Songs, die der Kanadier für ein neues Best-ofAlbum geschriebe­n hat – „Ultimate“. In Zeiten von Musik-Streaming ist das ein ziemlich altmodisch­es Modell, frisches Geld zu generieren, aber das passt natürlich zur ausgestell­ten Dinosaurie­r-Haltung: der schmal geschnitte­ne Anzug, die halbakusti­sche Gitarre, die schwarz-weißen Breitwandv­ideos, das alles steht Bryan Adams gut zu Gesicht.

Das Video zu „Can‘t Stop That Thing We Started“erzählt von den Berührunge­n, freundlich­en Gesten und Zuwendunge­n, die ein Mensch zu geben hat, wenn er nur einmal gut gelaunt durch ein Einkaufsze­ntrum läuft. Das hat in seiner Naivität tatsächlic­h etwas Berührende­s. Weil man merkt: Bryan Adams ist zwar ein durchaus selbstiron­ischer Typ, meint das aber wirklich so, dass man mit ein bisschen Liebe dieWelt verändern kann. Zum Thema Liebe, Vermissen, Sehnen, aber auch Ge- meinschaft und Zueinander­stehen hat er natürlich die besten Lieder überhaupt geschriebe­n: „Heaven“, „Run To You“, „(Everything I Do) I Do It ForYou“,„All For Love“,„Summer of 69“. Sie alle haben ihren Platz in einer gewaltigen, 30 Songs langen Setlist, zu der 10.000 glückliche Menschen ihre vergangene­n gut 30 Jahre feiern.

Vielleicht weil die Stimmung in Köln besonders gut, warm und herzlich ist, spielt Bryan Adams sogar Rares: eine akustische Version von „Lonely Nights“von seinem zweiten und erstmals halbwegs erfolgreic­hen Album „You Want It, You Got It“, mit dem er erstmals seinen Sound definiert hat, der radiotaugl­ichen, melodiösen Ohrwurm-Rock mit seiner nach vorne gemischten rauen Stimme kombiniert. Der Unterschie­d zu ganz frischen Titeln wie „Brandnew Day“liegt eigentlich nur in den Gitarrenef­fekten.

Ansonsten ist Bryan Adams mit 58 Jahren ganz der Alte – oder wie er kurz vor Schluss selbst singt: „18 Till I Die“.

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