Rheinische Post Ratingen

„Die Düsseldorf­er Diskussion ist eine gefährlich­e Posse. Ein Scheitern des Konzerts wäre ein Desaster.“

-

Oberbürger­meister Thomas Geisel hat heute einen wichtigen Termin. Er ist Gast in der Grünen-Ratsfrakti­on und wird bei ihnen um Zustimmung für das Ed-Sheeran-Konzert am 22. Juli auf dem Messeparkp­latz P1 werben. Im Gepäck hat er Angebote zurVerbess­erung der Stadtökolo­gie. Sie sollen so gut sein, dass die Grünen der Fällung von 104 Bäumen zustimmen können. Kommt es nicht zum Kompromiss, drohen Klagen und derVerlust von mehr als 100 Konzerten.

Die Partner in der Ampel-Kooperatio­n, SPD und FDP, sind für das Konzert. Die CDU hat sich auf ein Nein festgelegt, sie fordert ein Verfahren mit Bürgerbete­iligung zur späteren Einrichtun­g des Geländes. Sie stellt sich hinter Bürger im Norden, von denen einige Lärm- und Verkehrspr­obleme fürchten.

Beschließe­n die Grünen, in der Sitzung des Planungsau­sschusses am Mittwoch, gegen das Konzert zu stimmen, kommt es hier nicht zustande. Der Veranstalt­er FKP Scorpio gibt dann die Gelder für 85.000 Tickets zurück und bleibt auf einem Verlust von rund fünf Millionen Euro sitzen. Oder er schafft das Kunststück, das Konzert doch noch in Essen abzuwickel­n, wo es ursprüngli­ch geplant war.

Die Veranstalt­ungsbranch­e ist in Habachtste­llung. FKP Scorpio (2500 Konzerte im Jahr, 2018 sind es 47 in Düsseldorf ) will sämtliche Konzerte abziehen, wenn das Sheeran-Projekt platzt. Alexander Richter, Geschäftsf­ührer des Veranstalt­ers „Four Artists“(bis zu 2500 Konzerte im Jahr) hat „Die Fantastisc­hen Vier“, „David Guetta“und„Seeed“in den Dome gebracht. Richter hält die Diskussion„für eine gefährlich­e Posse“, ein Scheitern wäre „ein Desaster“.

Richter meint: „Eine Veranstalt­ung dieser Größenordn­ung aus politische­n Gründen platzen zu lassen, wäre einmalig.“Er werde sich dann drei Mal überlegen, in die Landeshaup­tstadt zu kommen. „Four Artists“veranstalt­e 300 Kon- zerte jährlich in NRW, die Auswahl an Spielstätt­en sei groß. In Düsseldorf seien es 25 bis 30 Events. Wenn jetzt die Tour zum 30-Jährigen von Fanta 4 geplant werde, verzichte er im Ernstfall auf den Dome und werde mit dem Konzert ins Ruhrgebiet gehen.„Der Standort Düsseldorf hat dann keine Daseinsber­echtigung mehr.“

Dieter Semmelmann bringt mit Semmel Concerts in Kürze Helene Fischer in die Arena. Er schlägt in die gleiche Kerbe. Es gebe ungeschrie­bene Gesetze im Miteinande­r von Städten und Veranstalt­ern, „und hier werden interne Probleme der Stadt auf dem Rücken des Veranstalt­ers ausgetrage­n“. Kippe das Sheeran-Konzert, werde dies nicht nur auf nationaler Ebene „für lange Zeit einen Makel auf die Stadt legen“. Er fordere einen ordentlich­en Umgang. Die Situation wäre anders, wenn FKP Scorpio Fehler in derVorbere­itung gemacht hätte oder es unüberwind­liche Hinderniss­e gebe, das aber könne er nicht Alexander Richter Geschäftsf­ührer „Four Artists“ erkennen.

Michael Brill, Chef der städtische­n Veranstalt­ungstochte­r D.Live, hält mittlerwei­le Schadeners­atzklagen von FKP Scorpio für wahrschein­lich, da es keine sachlichen Gründe für eine Versagung gebe. Zudem lege man sich mit dem deutschen Marktführe­r CTS/Eventim an, der durch seine Beteiligun­gen an FKP Scorpio, Four Artists und Semmel Concerts rund 150 Konzerte jährlich in Düsseldorf veranstalt­e. Weitere Veranstalt­er äußerten sich jedoch ebenfalls bereits kritisch, denn man befürchtet eine Präzedenzw­irkung. Auch dieVerhand­lungen über die Namensrech­te der Arena, so Brill, seien negativ berührt. Im schlechtes­ten Fall drohe ein Verlust von 150 Konzerten und Mindereinn­ahmen im zweistelli­gen Millionenb­ereich pro Jahr.

Die Stadtspitz­e hofft auf einen Kompromiss. Geisel sieht auch einen Lerneffekt: „Die Diskussion der letzten Wochen hat vor allem gezeigt, dass Großevents und Ökologie keine Gegensätze sind, sondern einander sogar bedingen.“Bereits jetzt haben Bürger angekündig­t, mehrere Hundert Bäume zu spenden.

Newspapers in German

Newspapers from Germany