Der deutsche Fußballnationalspieler Mesut Özil ist offizieller Pate der deutschen Schule in Izmir
Die Spannungen im schwierigen Verhältnis zwischen der Türkei und Deutschland verschärfen sich kurz nach den türkischen Präsidentschafts- und Parlamentswahlen wieder. Erstmals haben türkische Behörden eine deutsche Schule im Land geschlossen.Wie am Sonnabend bekannt wurde, wurde die deutsche Botschaftsschule in der westtürkischen Ägäismetropole Izmir bereits am Donnerstag von Vertretern der Bildungsverwaltung offiziell gesperrt. Der Schulleiter Dirk Philippi sagte, man habe ihm schriftlich und mündlich erklärt, dass der Schule die „rechtliche Grundlage fehle“.
Donnerstag war der letzte Schultag in der Türkei vor den Sommerferien, die bis Ende August dauern. Laut dem Schulleiter ist die Behördendelegation zusammen mit rund einem Dutzend Polizisten kurz nach Schulschluss in die Einrichtung im küstennahen Vorort Urla gekommen; insofern wurde der Unterricht derzeit nicht unterbrochen. Rund 180 Kinder zwischen zwei und 20 Jahren besuchen die gemeinnützige Ganztagsschule und den angeschlossenen Kindergarten.
Die Bildungsstätte mit etwa 40 Mitarbeitern ist laut Philippi offiziell als deutsche Auslandsschule anerkannt und dem Generalkonsulat in Izmir zugeordnet. Die Gesamtschule wurde 2008 als Zweigstelle der Deutschen Botschaftsschule in Ankara gegründet. Das monatliche Schulgeld beträgt nach Angaben Ehemaliger rund 1000 Euro. Der deutsche Fußballnationalspieler Mesut Özil ist offizieller Pate der als „deutsche Auslandsschule ohne Rassismus“zertifizierten Bildungsanstalt.
Wie viele Botschaftsschulen ist auch die Einrichtung in Izmir nur für Kinder geöffnet, deren Eltern nicht ausschließlich türkische Pässe besitzen. Es gilt der deutsche Lehrplan. Auch weil die Schulen einen guten Ruf haben, werden sie von vielen Deutschtürken ebenso wie von Doppelstaatlern gewählt. Die Kinder beider Gruppen stellen an der deutschen Schule in Istanbul die Mehrheit der Schüler; in Izmir dürfte es ähnlich sein. „Ohne die Deutschtürken müssten sie wohl dichtmachen“, sagt die Mutter einer ehemaligen Schülerin.
Das Auswärtige Amt in Berlin bestätigte die Schließung der Schule durch regionale Behörden des Erziehungsministeriums. Die Stadt Izmir wird zwar von der oppositionellen sozialdemokratischen CHP regiert. Sie hat aber keinen Einfluss auf das Schulwesen, denn dieses ist im Zentralstaat Türkei dem Bildungsminis- terium der islamisch-konservativen Regierungspartei AKP unterstellt. Aus Berlin hieß es, die türkische Regierung werde aufgefordert, umgehend die Gründe für die Sperrung darzulegen. Die deutschen Schulen in der Türkei seien ein wesentliches Element der kultur- und bildungspolitischen Beziehungen zwischen beiden Ländern.
„Ich gehe felsenfest davon aus, dass es sich um eine vorübergehende Schließung handelt“, sagte Schulleiter Philippi. „Die Entscheidung steht im Kontrast zu einer Genehmigung, die wir haben.“Diese sei vom türkischen Außenministerium ausgestellt worden und besage, dass die Schule in Izmir als eine Zweigstelle der deutschen Botschaft in Ankara betrieben werden dürfe. „Es kann schlicht sein, dass den Bildungsbehörden nur Dokumente fehlen.“Der Schulleiter und Theaterlehrer lebt ausweislich seines Facebook-Profils seit fünf Jahren in der Türkei und hat in Izmir die gymnasiale Oberstufe aufgebaut, die seit 2016 besteht.
In den sozialen Netzwerken kursierten Vermutungen, wonach die Schule wegen ihrer liberalen Inhalte, der Erziehung zu kritischem Denken und „kultureller Weltoffenheit“den türkischen Behörden ein Dorn im Auge sei. Kritiker werfen der AKP-Regierung Erdogans seit einiger Zeit vor, die säkularen Schulen zunehmend auf einen islamisch-konservativen Kurs zu zwingen.