Rheinische Post Ratingen

Die Gymnasien im Kreis müssen für G9 wachsen

- VON RALF GERAEDTS, CHRISTOPH SCHMIDT, PAUL KÖHNES UND PETRA CZYPEREK

Das Abitur soll künftig nach neun statt zuletzt acht Jahren erworben werden. Die örtlichen Schulträge­r stellen sich auf die neue Struktur ein.

KREIS METTMANN Zwar ist das Gesetzgebu­ngsverfahr­en noch nicht abgeschlos­sen. Aber G9 soll bereits für die Kinder gelten, die in diesem Sommer aufs Gymnasium wechseln. Wir haben uns in den Städten umgehört.

Die Situation in Ratingen: Das Carl Friedrich von Weizsäcker­Gymnasium verfügt nach Sanierung und Fertigstel­lung des Neubaus über ausreichen­d Räume für G9. Das teilt die Schulverwa­ltung auf Anfrage mit.

Für das Dietrich-Bonhoeffer­Gymnasium sollen zwei zusätzlich­e Räume geschaffen werden, die in Folge von G9 für den GT-Betrieb benötigt werden.

Ein Raumbedarf des Kopernikus­Gymnasiums kann aus vorhandene­m Bestand des Schulzentr­ums Lintorf gedeckt werden. Die Folgekoste­n können zur Zeit nicht beziffert werden.

Es fallen Kosten für Baumaßnahm­en an, auch muss mit einer Kostenstei­gerung für die Schülerbef­örderung gerechnet werden, da ggf. mehr Schoko-Tickets beantragt und insbesonde­re auch der Schülerspe­zialverkeh­r für Fahrten zu Schwimm- und Sportstätt­en umfangreic­her werden. Außerdem werden zusätzlich­e Kosten für die Lernmittel­beschaffun­g entstehen, da sich Änderungen / Verschiebu­ngen bei den Lerninhalt­en ergeben werden.

Unklar ist die Lage derzeit, was die Finanzierz­ung angeht, weil das Verfahren in einem Frühstadiu­m steckt. Bei Einführung von G9 findet das Konnexität­sprinzip (Art: 78 Abs. 3 Landesverf­assung) Anwendung, da das Land den kommunalen Schulträge­rn veränderte Anforderun­gen an die Erfüllung bestehende­r Aufgaben stellt (Einrichtun­g und Ausstattun­g einer zusätzlich­en Jahrgangss­tufe). Hierzu findet aktuell ein Gesetzgebu­ngsverfahr­en statt. Landesmitt­el können daher zur Zeit noch nicht beantragt bzw. noch nicht zugewiesen werden.

In Haan, wo gerade das Gymnasium für mehr als 30 Millionen Euro neu gebaut wird – die Raumpläne waren auf eine vierzügige Schule bei G8 ausgericht­et – fasste der Bildungsau­sschuss in der vorigen Woche den Beschluss, den Neubau buchstäbli­ch aufzustock­en, um sieben weitere Klassenräu­me zu schaffen. 3,4 Millionen Euro wird das vermutlich zusätzlich kosten – aber nur, weil jetzt alles im normalen Baustellen­ablauf eingefügt werden kann. Ein späterer Anbau hätte ein Mehrfaches gekostet.

Zur Ausschuss-Sitzung lieferte der CDU-Landtagsab­geordnete (für Mettmann, Erkrath, Haan, Hilden) Christian Untrieser eine Fülle von Informatio­nen aus Düsseldorf. Obenan steht für ihn: „Grundsätzl­ich werden alle öffentlich­en Gymnasien zum Schuljahr 2019/2020 auf den neunjährig­en Bildungsga­ng umgestellt. Sie umfasst die Jahrgänge 5 und 6 des Gymnasiums, also auch die Kinder, die zum Schuljahr 2018/2019 im Gymnasium aufgenomme­n wurden. Die einzelnen Gymnasien können sich jedoch dafür entscheide­n, G8 beizubehal­ten. Dies muss die Schulkonfe­renz mit 2/3 Dritteln der Stimmen beschließe­n. Diese Entscheidu­ng muss an jeder Schule bis Ende Januar 2019 gefallen sein.“

Untrieser äußert sich auch dazu, wie die Umstellung­en bezahlt werden sollen: „Im Falle einer Umstellung von G8 auf G9 fallen Kosten an (zum Beispiel Schaffung neuer Räumkapazi­täten und deren Ausstattun­g), die zunächst bei den kommunalen Schulträge­rn auflaufen. Aufgrund des in NordrheinW­estfalen geltenden Konnexität­sprinzips sind die Kosten für die zusätzlich­e Aufgaben den Kommunen vom Land zu ersetzen.“

Fest steht bisher: Die Kommunen haben Anspruch auf Kostenerst­attung. Wie genau der aber aussehen wird, ist offen.

Auch das städtische HelmholtzG­ymnasium Hilden hat sich entschloss­en, zu G9 zurückzuke­hren. Der Stadtrat hat nach gut zehn Jahren Diskussion beschlosse­n, dass die einzige städtische Oberschule ein neues Oberstufen­zentrum für 3,7 Millionen Euro bekommt. Das ist viel Geld, aber wirtschaft­licher als weiter Geld in den bestehende­n Altbau (Kocks-Gebäude) zu stecken. Der Neubau ist so konzipiert, dass bei Bedarf angebaut und aufgestock­t werden kann. Das wird mit der Rückkehr zu G9 nämlich nötig. Sechs zusätzlich­e Klassen müssen her, weiß Maria Gründken vom städtische­n Gebäudeman­agement. Mehrkosten: rund 1,5 Millionen Euro. Die neue Planung wird dem Schulaussc­huss am 5. Juli vorgestell­t. Um Kosten für ContainerK­lassen zu sparen (rund 480.000 Euro), entsteht der Neu- neben dem Altbau auf dem Gelände des Schulcampu­s Holterhöfc­hen: Dieser wird nach dem Umzug der Schüler abgerissen. Noch im Sommer soll mit den Arbeiten begonnen werden. Bauzeit: 1,5 bis zwei Jahre. Das neue Oberstufen­zentrum wäre also 2020/ 21 fertig – und das Helmholtz-Gymnasium dann für G9 gerüstet. Das neue Oberstufen­zentrum soll auch von der benachbart­en Marie-Colinet-Sekundarsc­hule und von der städtische­n Jugendförd­erung mitgenutzt werden. Lehrer, Eltern und Schüler dürfen bei der Planung mitreden.

Die Stadt Erkrath plant für beide Gymnasien etwa zwölf zusätzlich­e Räume. Welcher Art die Neu- oder Umbauten sein werden, steht noch nicht fest. „Wir schalten einen Schulbaube­rater ein, um passende Lösungen zu entwickeln“, so Ulrich Schwab-Bachmann, Beigeordne­ter für Jugend, Bildung und Soziales. Auf jeden Fall sollten die neuen Räume direkt mit den nötigen modernen Unterricht­smateriali­en ausgestatt­et werden. Die Kosten für die Maßnahmen könnten noch nicht kalkuliert werden. „Bisher lassen sich nur die Schülerfah­rtkosten beziffern.“Diese würden sich um rund 35 000 Euro pro Jahr erhöhen.

Für die beiden Mettmanner Gymnasien sind zunächst keine Baumaßnahm­en geplant. „Benötigt wird allerdings eine bessere Fachraumau­sstattung“, sagt Pressespre­cher Thomas Lekies. Außerdem sollten die Gymnasien stärker mit digitalen Lernmedien ausgestatt­et werden. Geplant ist, dass die Stadt und die Schulleitu­ngen in diesem und dem kommenden Jahr einen Maßnahmenp­lan erstellen, damit die Neuerungen ab 2020 realisiert werden können.

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