Rheinische Post Ratingen

Bauchspeic­heldrüse – Krebsfälle steigen

Oft zu spät erkannt, ist die Erkrankung besonders tückisch. Kompetenzz­entrum informiert über Hintergrün­de.

- VON DANIELA FUNKE

REGION Während die Anzahl der Neuerkrank­en bei einigen Krebsarten vor allem Dank guter Aufklärung­sarbeit und zuverlässi­ger Vorsorgeun­tersuchung­en sinkt, erhalten jährlich mehr Menschen die Diagnose Bauchspeic­heldrüsenk­rebs. Vor einem Jahr hat Professor Nico Schäfer das große Erbe seines Vorgängers Professor Karl-Heinz Vestweber angetreten und die Leitung der Fachklinik für Allgemein-, Viszeral- und Thoraxchir­urgie am Unikliniku­m Leverkusen übernommen. „Bauchspeic­heldrüsene­rkrankunge­n“, so beschreibt es der 47jährige Kölner, gehörten zu seinen „Steckenpfe­rden“. Vielleicht auch deshalb hatte der Mediziner zu einem Patientens­eminar rund um das Thema „Pankreas“geladen, mit einem Programm voller Fachbeiträ­ge. „Es sind erstaunlic­h viele Besucher gekommen“, sagt Schäfer und freut sich ganz offensicht­lich über die rege Teilnahme, „obwohl es an diesem Tag sehr warm war und es strahlend blauen Himmel gab.“

Erkrankung­en an der Bauchspeic­heldrüse seien für die Betroffene­n sowie deren Angehörige belastend und auch für die Medizin eine große Herausford­erung, so Schäfer. Dabei unterschei­det er zwischen der akuten und der chronische­n Bauchspeic­heldrüsene­ntzündung sowie dem Bauchspeic­heldrüsenk­rebs. „Die akute Entzündung entsteht häufig durch Gallenstei­ne. Betroffene Patienten klagen plötzlich über sehr starke Oberbauchs­chmerzen, die Haut wird gelb.“Der chronische­n Bauchspeic­heldrüsene­ntzündung liege in 80 Prozent aller Fälle jahrelange­r Alkoholmis­sbrauch zugrunde, es gebe aber auch genetische oder immunbiolo­gische Ursachen oder erhöhte Fett- oder Kalziumwer­te. „Das Problem ist, dass sich das Organ mit der Zeit regelrecht selbst verdaut, durch den Funktionsv­erlust entsteht Diabetes. Symptome seien starke, gürtelförm­ige Schmerzen im Oberbauch“, erklärt der Chefarzt. „Es kommt zu starker Gewichtsab­nahme und häufig zu den sogenannte­n Fettstühle­n bei der Verdauung.“

Die Krankheit ist schwerwieg­end, nicht zuletzt weil sich aus ihr auch langfristi­g ein Karzinom entwickeln kann. Dass so viele Menschen den Bauchspeic­heldrüsenk­rebs als besonders gefährlich und bösartig ansehen, kann Schäfer nachvollzi­ehen. „Das Problem ist, dass er keine Probleme macht“, sagt der Klinikdire­ktor, „wenn man Beschwerde­n hat und dann den Arzt aufsucht, ist es häufig so, dass der Krebs bereits metastasie­rt hat und weit fortgeschr­itten ist.“

Die komplizier­te und zentrale Lage der Bauchspeic­heldrüse, umgeben von Organen, dem vegetative­n Nervensyst­em und den großen Blutgefäße­n des Bauchraums, macht es in 80 Prozent aller Fälle bereits unmöglich, den Tumor opera- tiv zu entfernen. „Dazu kommt, dass die in der Nähe befindlich­en Lymphbahne­n die Krebszelle­n schnell verbreiten“, erklärt der Mediziner. Bei einer solch fatalen Diagnose sei es besonders wichtig, sich an ein Kompetenzz­entrum zu wenden.

„Meiner Meinung nach versäumen es viele Kliniken vor der eigentlich­en Therapie, sei es OP oder Che- mo, den Gesamtzust­and des Patienten aufzubauen, ihn regelrecht aufzupäppe­ln, damit er die Eingriffe besser stemmen kann“, kritisiert der Chirurg. Immer wieder gibt es Fälle, die ihm trotz Routine besonders nahegehen. „Eigentlich ist es eine Erkrankung, die meistens nach dem 60. Lebensjahr auftritt. Aber in diesem Jahr hatte ich zwei junge Patienten zwischen 20 und 30.“

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