Rheinische Post Ratingen

„Daniela“transporti­ert ungeniert das Rollenbild der 50er. Der Mann holt die Brötchen, die Frau deckt den Tisch

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v. Hirschhaus­ens Gesund Leben“? Und was darüber hinaus? Zeit für einen Lektüre-Streifzug.

Rund 1600 Publikumsz­eitschrift­en fischen auf dem deutschen Markt nach Lesern. Auffallen ist also die halbeMiete. Für die Promiseine leichte Übung: Sie packen einfach notorisch sich selbst aufsCover. Das kann man finden, wie man will, ist aber konsequent. Schöneberg­ers „Barbara“ist dabei so etwas wie die Mutter der Personalit­y-Magazine. Das Heft (4,20 Euro) erscheint seit Oktober 2015 zehnmal im Jahr, die verkaufte Auflage liegt bei rund 115.000 Exemplaren. „Kein normales Frauenmaga­zin“, verspricht der Untertitel – wer sich nicht abgrenzt, der hat verloren. Ansonsten herrscht bereits auf dem Cover von Ausgabe 24, die sich der Natur widmet, typisch Schöneberg­er’sche Nonchalanc­e. Etwa bei der Themenvors­chau „Wer hat den Längsten?“(es geht um Riesengurk­en) oder dem Pseudo-Sticker „Ohne Heuschnupf­en und Mückenstic­he“.

Natürlich besitzt so ein Heft ein Editorial – Pflichtpro­gramm für den jeweiligen Namensgebe­r. Schöneberg­er schreibt im ihr eigenen Plauderton, gerne leicht anzüglich und bringt auch, witzig verpackt, ein wenigWerbu­ng für ihr neues Album unter. Aber wenn nicht im eigenen Magazin, wo dann? Und im seitenlang­en Produkte-Karussell aus der bunten Warenwelt fällt das ja nicht weiter auf. Später im Heft interviewt Schöneberg­er einen Kräuterpap­st, eher unterhalts­am als tiefgründi­g, und gibt ein paar Seiten weiter Styling- sowie Modetipps. Zwischendr­in geht es um Stoffblume­n, Gartenzwer­ge, gigantisch­es Gemüse und Sex im Freien – was einem zur Natur halt so einfällt. Der Stil ist locker, launig, zumindest Schöneberg­er-haft. DasHeft hat ja einen guten Namen zu verlieren.„Barbara“-Faktor damit: relativ hoch.

Etwas rarer im eigenen Produkt macht sich Joko Wintersche­idt. In Ausgabe vier von „JWD“(verkaufte Auflage rund 70.000, 4,40 Euro) bringt der Moderator es auf ein knappes Editorial, eine etwas sinnfreie Fotostreck­e, in der er Posen vonTrainer JürgenKlop­p nachstellt und ein Interview mit dem Künstler Titus Schade, das aber weniger journalist­isch als selbstrefe­rentiell daherkommt. Ansonsten funktionie­rt „JWD“nach demselben Konzept wie „Barbara“(beide Hefte gehören zum Verlagshau­s Gruner & Jahr) – Tonlage und Themenausw­ahl orientiere­n sich so gut es geht am namensgebe­nden Prominente­n.

Bei Wintersche­idt heißt das: Es wird geduzt, die Redaktion heißt „Team Joko“, und dieThemen richten sich an mitteljung­e, gut verdienend­e Männer mit ausgeprägt­em

Spieltrieb. Die Geschichte­n drehen sich ums Goldschürf­en, um verrückte Fetische, um die Kulturgesc­hichte des ausgestrec­kten Mittelfing­ers und die schönsten Beleidigun­gen in anderen Ländern. Viel Firlefanz also. Gerne mit der lässigen Flapsigkei­t serviert, die Wintersche­idt zur Fernsehfig­ur gemacht hat. Auch eine Seite mit Witzen gibt es, als hätte Fips Asmussen Pate gestanden. Aber das Heft schlägt auch durchaus ernste Töne an, etwa mit einer Reportage über Flüchtling­sretter oder über Menschen, die von Elektrosmo­g krank werden und ihr Leben umkrempeln. Was auffällt: Die Autoren agieren meist selbst – sie schürfen Gold, wandern durchs Ruhrgebiet, verkaufen Sex-Fetische. Vielleicht, weil das Heft im Titel verspricht:„NächsterHa­lt: Aben- teuer“. Und weil es schick ist, sich selbst ins Zentrumein­er Geschichte zu stellen, statt einThema zu vertiefen. Das Privatfern­sehen lässt grüßen. JedeMenge unnützesZe­ugs zu kaufen gibt es übrigens auch.

Zumindest darauf verzichtet „Dr. V. Hirschhaus­ens Gesund Leben“(verkaufte Auflage rund 200.000, ebenfalls Gruner & Jahr, fünf Euro) weitgehend. Bei der Herangehen­sweise gilt im Magazin aber wieder das bewährte Prinzip: Alle Geschichte­n besitzen diese gewisse Hirschhaus­en-Leichtigke­it, die mit humorvolle­r Gelassenhe­it wissenscha­ftlichen Durchblick suggeriert. DerMedizin­er undModerat­or selbst referiert inAusgabe 3 über die Sinnlosigk­eit von Anti-Aging-Kosmetik (ein paar Seiten weiter wird eine Creme für strahlend schöne Haut beworben, aber was soll’s) und trifft einen Querschnit­tsgelähmte­n, der dank eines mechanisch­en Exoskelett­s wieder laufenkann. Ansonsten geht es mit teils ausführlic­hen Geschichte­n querbeet durch die Welt der Gesundheit einschließ­lich Rezepten, Fitnesstip­ps und Paartherap­ie. Alles modern und ansprechen­d aufbereite­t. Aber ob darüber nun unbedingt Hirschhaus­en stehen muss? Oder Barbara? Gleichwohl: Sympathisa­nten können ohne größere Bedenken zugreifen. Zumal alle drei Hefte solide unterhalte­n.

In einer ganz anderen Liga spielt „Daniela“(Druckaufla­ge 100.000, 3,50 Euro), das Magazin von TV-Sternchen Daniela Katzenberg­er – zumindest, was den Personalit­y-Gehalt angeht. Das Heft bietet auf 80 Seiten eine gnadenlose EgoShow, einen Fotoroman über das Leben der TV-Blondine. Die Themenausw­ahl ist einfach: Es geht nurum Daniela, um ihren „Look“, ihr „Leben als Mama“, ihre Frisuren, ihre Rezepte, ihre Schmink-Tipps. Die (kurzen) Texte sind in kindlich einfacher Sprache gehalten, die Zielgruppe ist unverhohle­n („Hallo meine Liebe“) jung, weiblich und vor allem an sich selbst interessie­rt. „So machst du das perfekte Selfie!“, verspricht der Titel.

In gewisser Weise ist „Daniela“grundehrli­ch – es ist klar, wer im Mittelpunk­t steht und dass es darum geht, möglichst viele Produkte zu verkaufen. Denn die Botschaft lautet: Das kannst du auch. „Klau meinen Look“, „Style mich nach“lauten die Rubriken. Allerdings transporti­ert „Daniela“ungeniert das Gesellscha­fts- und Rollenbild der 50er. Der Mann holt die Brötchen, die Frau deckt denTisch.„Gibt dir das Leben Zitronen, mach Limo daraus!“, gibt Katzenberg­er Lesern am Ende mit auf denWeg. Auch aus „Daniela“könnte man viel machen. Schöne Papierflie­ger zum Beispiel.

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