Rheinische Post Ratingen

„Wir wollen offene und ehrliche Ansagen, keine angepasste­n und weichgespü­lten“

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Pranger stellen. Das ist nicht unsere Art, mit Menschen umzugehen“. Trotzdem hat er Özil zum Sündenbock gemacht.

Bierhoff hat eine erstaunlic­he Karriere beim DFB hingelegt. In den ersten Jahren seines Schaffens war er vor allem damit beschäftig­t, allen um sich herum zu erklären, was er überhaupt für eine Aufgabe hat. Das war nicht jedem klar, ist aber immer klarer geworden. Bierhoff hat das fußballeri­sche Aushängesc­hild des Verbands zu einer Marke entwickelt. Zum Kunstprodu­kt„Die Mannschaft“.

Natürlich steht die zunehmende Kommerzial­isierung nicht in direktem Zusammenha­ng mit dem frühen WM-Aus. Doch sie hat ein Klima geschaffen, in dem es wichtiger zu sein scheint, sich um persönli- Oliver Bierhoff Über den Wunsch nach echten Typen len Maßanzug seines Sponsors verkündet? Oder Julian Draxler, der in einem Interview mit einem Modemagazi­n zur epochalen Feststellu­ng gelangte, einen Fußballpla­tz nur zu betreten, wenn er sich vorher parfümiert hat? Aus dem Munde von Bierhoff hört sich das so an: „Wir verlangen einerseits Spieler, die ihren eigenen Weg gehen, die ihre eigenen Aussagen machen – auch in den sozialen Netzwerken, die Typendisku­ssion. Wir wollen offene und ehrliche Ansagen, keine angepasste­n und weichgespü­lten.“

Der DFB selbst tut sich genau damit extrem schwer. Jede Mitteilung für die Öffentlich­keit liest sich so, als sei sie so und so oft chemisch gereinigt worden und hinterher noch mit dem Hochdruckr­einiger bearbeitet worden. Bierhoff, der Manager, hat eine Gemeinscha­ft geschaffen, die wirtschaft­lich so erfolgreic­h ist, weil sie eben nirgendwo angeeckt ist. Er ist mit der Vorlage neuer wirtschaft­licher Erfolge immer mächtiger geworden. Er hat das für sich genutzt und sich einen großzügige­n Spielraum verschafft. Bierhoff ist der Verantwort­liche für die neue Akademie desVerband­s, in der alles Wissen gebündelt und ganz wichtige Projekte entwickelt werden sollen. Zurück bleiben viele überforder­te Funktionär­e aus der zweiten Reihe, die längst aufgegeben haben, beim Tempo von Bierhoff mitzuhalte­n.

Solange der Erfolg bei der Nationalma­nnschaft da war, traute sich niemand zu maulen. Das Klima hat sich verändert. Vielleicht wird nach Özil über einen anderen Namen geredet: Bierhoff.

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