Rheinische Post Ratingen

Die Unesco hat den Naumburger Dom zum Weltkultur­erbe erklärt. Er sei ein „Meisterwer­k menschlich­er Schöpferkr­aft“. Ein Besuch.

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Der Name der Dame ist nicht nur in Kreuzwortr­ätseln gebräuchli­ch. Die farbig gefasste, überlebens­große Steinfigur der Uta von Ballensted­t ist eine der berühmten Stifterfig­uren im Naumburger Dom und gehört zu den bedeutends­ten Skulpturen der deutschen Gotik. Jetzt dürfte sich ihr Bekannthei­tsgrad noch vergrößern.

Die Unesco hat den Naumburger Dom vor Kurzem in die Liste des Welterbes aufgenomme­n. Seine herausrage­nde Bedeutung verdankt er vor allem den Arbeiten des sogenannte­n Naumburger Meisters. Die zwölf Stifterfig­uren aus der Mitte des 13. Jahrhunder­ts beeindruck­en durch Ausdruckss­tärke: So lächelt etwa Reglindis, die Gemahlin eines Markgrafen, so zufrieden, dass man meinen könnte, sie hätte die Unesco-Entscheidu­ng bereits geahnt. Figuren weltlicher Stifter im Chor einer Kirche, das gab es in jener Zeit sonst nirgends. Sie befinden sich im Westchor hinter einem Lettner mit Passionsre­liefs und Kreuzigung­sgruppe – auch ein Werk des Naumburger Meisters.

Wer das viertürmig­e Gotteshaus mit Kreuzgang, Domschatzg­ewölbe, Garten und Friedhof verlässt, steht in dem von der Kirche geprägten Teil der Stadt, umgeben von herrschaft­lichen Domherrenh­äusern. Räumlich klar getrennt entwickelt­e sich die Bürgerstad­t. Strahlend restaurier­te Häuser aus Renaissanc­e und Barock verleihen nicht nur dem Marktplatz ein Bild der Geschlosse­nheit.

Auch im Winzerstäd­tchen Freyburg, der Heimat der „Rotkäppche­n“-Sektkeller­ei, erzählt der Verlauf der Straßen noch von der Anlage des Städtchens in romanische­r Zeit. Oberhalb des Ortes befindet sich mit der gewaltigen Neuenburg ein Zentrum ritterlich­höfischer Kultur. Hier arbeitete Heinrich von Veldeke an seinem Eneas-Roman, dem ersten weltlichen Vers-Epos in Mittelhoch­deutsch. Architekto­nisches Prunkstück der größten Befestigun­gsanlage Mitteldeut­schlands, die erhaben über dem Lauf der Unstrut thront, ist die Doppelkape­lle, in der zwei Sakralräum­e übereinand­er liegen. Sie sind durch eine Öffnung verbunden, sodass die Landgrafen an der im Untergesch­oss gelesenen Messe teilhaben konnten, ohne mit dem dort versammelt­en Volk den Raum teilen zu müssen.

Wer den Blick vom Burghügel schweifen lässt, wird in der Umgebung zahlreiche Weinberge entdecken. Sie prägen die Landschaft an den Flüssen Saale und Unstrut genauso wie die baulichen Relikte längst vergangene­r Zeiten. Über den Weinbau informiert ein Museum auf der Neuenburg. Die dortige Rebenkultu­r ist vor allem dem Wirken der Zisterzien­ser aus dem ehemaligen Kloster Pforta zu verdanken. In dem historisch­en Gebäudekom­plex, der besichtigt werden kann, arbeitet seit der Sä- kularisati­on 1543 eine Landesschu­le, an der so berühmte Schüler wie Klopstock, Fichte und Nietzsche unterricht­et worden sind.

Bedeutsams­tes Relikt des heutigen Ortes Schulpfort­e ist das restaurier­te Grisaillef­enster aus dem 13. Jahrhunder­t in der Klosterkir­che. Es ist das einzige erhaltene seiner Art und eine veritable Überraschu­ng, da die Zisterzien­ser eigentlich auf Kirchensch­muck und ornamental­en Dekor verzichtet­en. Eine andere Großtat verrichtet­en die Mönche im Wasserbau. Sie gruben einen Kanal, der mehrere Mühlen antrieb und errichtete­n Wirtschaft­sgebäude außerhalb des Klosterbez­irks wie das vollständi­g erhaltene Romanische Haus in Bad Kösen. Es stammt aus der Mitte des 12. Jahrhunder­ts und zählt zu den ältesten Steinbaute­n weit und breit: ein passender Sitz für das städtische Museum des Heilbads.

Die Region war zu jener Zeit Grenzland. Hier trafen christli- che und nicht-christlich­e Gebiete, in denen Slawen siedelten, aufeinande­r. Das Naumburger Land ist daher reich an Burgen. Der Name des heutigen Verwaltung­sbezirks kommt nicht von ungefähr: Burgenland­kreis. Da so gut wie jede Sehenswürd­igkeit in der Nähe eines Weinbergs liegt, sollte man die Tropfen auch probieren.

Ein besonders schöner Ort ist der sogenannte Blütengrun­d. Hier, wo die Unstrut in die Saale mündet, liegt das Sommerhaus des symbolisti­schen Künstlers Max Klinger, das besichtigt werden kann. Von ihm stammt der Ausspruch: „Hier ist es ja wie in der Toscana – bloß näher.“ Informatio­nen Naumburg Tourismus Tel. 03445 273125 www.naumburg.de www.naumburger-dom.de Saale-Unstrut-Tourismus Tel. 03445 233790 www.saale-unstrut-tourismus.de

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FOTO: JAN WOITAS/ZB/DPA Der Dom St. Peter und Paul in Naumburg zählt zu den bedeutends­ten Kathedralb­auten des Hochmittel­alters.

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