Bei Laura Sachs wird die Farbe von hinten durch die Leinwand gedrückt
Von ihren Kommilitonen werden die Absolventen nach den bestandenen Präsentationen mit vielWehmut, Sekt, Bier und schönenBlumen verabschiedet. So wie Dora Celentano, die ihre Abschlusspräsentation im zweiten Stock in den Räumen der Klasse Kürten zeigt. Die vier Meter hohen Wände sind über und über mit einem an Tapeten erinnernden Muster aus Alltagsgegenständen überzogen, an denWänden hängen Bilder, die modischen Seidentüchern ähneln, umrahmt von den Hermes-typischen Gürtelmustern. Fast wie Icons auf einem Computerbildschirm sind die Bilder in verschiedensten Formaten auf den Wänden verteilt. „Ich will die Malerei erweitern und arbeite viel mit digitalen Mustern“, sagt Celentano. Dafür benützt sie Bilder von Plattformen wie Pinterest, die durch Reposts immer wieder eine neue Bedeutung bekommen. An einem Garderobenständer in der Mitte des Raumes hängen von Celentano gestaltete Seidentücher. „Ich beschäftige mich sehr mit Objekten, die den Reiz von Luxusmode verströmen“, sagt die Absolventin des scheidenden Professors Stefan Kürten. Diesen Umstand bemängelt die Absolventin, die auch zugleichTutorin der Klasse war, sehr:„Es ist sehr schade, dass Kürtens Vertretungsprofessur nicht verlängert wurde.“Nun wolle die Klasse erstmal ohne Professor weitermachen in der Hoffnung, dassKürten als ordentlicher Professor berufen werde.
Eine andere Herangehensweise an die Malerei zeigt Laura Sachs in ihrer Abschlusspräsentation mit dem Titel„pressurised“, die inRaum 012 im Erdgeschoss in den Räumen des Rheydter Professors Gregor Schneider zu sehen ist. Was auf den ersten Blick wie flächige, monochrome Malerei in Schwarz und Weiß aussieht, stellt sich dann als fast bildhauerische Arbeit heraus. „Die Leinwand ist in diesen Arbeiten das Transfer-Material, denn die Farbe wird von hinten durch die Leinwand gedrückt“, erklärt Sachs. Durch diese Technik entstehen Bilder, auf die sie als Künstlerin nur we- nig Kontrolle ausüben kann.„Durch einWechselspiel aus Loslassen und gezieltem Kontrollieren der Prozesse sowie einem bewusstem Provozieren innerhalb einiger Arbeitsschritte lässt sich dieser Einfluss aber steuern“, erklärt Sachs. Auch der prägende, schwarze Streifen, der zwei weiß getünchte Leinwände durchschneidet, ist von hinten quasi bildhauerisch durch die Leinwand gedrückt. Wie auch in den anderen Räumen besticht Sachs Präsentation durch den aufgeräumten Ein- druck und das stimmige Gesamtbild ihrer Arbeiten.
Wieder ein Stockwerk höher zeigt die Koreanerin Ji Eun Lim ihre Abschlussarbeit. Durch die abgeklebten raumhohen Fenster dringt gelbes Licht in den großen Raum, in dem vier Boxen verteilt stehen. Dabei bewirkt der gelblich geflutete Raum sofort ein anderes Raumgefühl beim Betrachter. „Meine Arbeit spielt auf das gelbe Ampellicht an“, erklärt Lim. „Das gelbe Licht bedeutet ein Dilemma, denn man muss entscheiden, ob man stehen bleibt oder weiterfährt.“Dabei bespielt Limdie einzelnenBoxen nicht alleine, sondern hat sie ineinemkollaborativen Prozess mit anderen Künstlern gestaltet. So kann man durch ein Notizbuch blättern, das sie mit einer befreundeten Künstlerin gestaltet hat, oder einen Film über das Leben in einemrussischen Dorf sehen, immer mit der Frage im Hinterkopf: gehen oder stehen?Wer viel Zeit mitbringt, kann die Novelle des Künstlers Sangchul Lee lesen, der selbst seinen Abschluss etwasweiter denGang hinunter zeigt.
Der Koreaner stellt seine Arbeiten in den Räumen der Klasse Hörnschemeyer aus. Neben einem minimalistischen Spiel von an Bushaltestellen gefundenen Objekten (wie Haargummis) sticht vor allem der humorvolle Umgang mit Alltagsgegenständen hervor. So hat er zwei Pissoir-Trennwände schief an die Wand geschraubt. „Die Firma, die diese Keramikwände herstellt, heißt Creavit, was mich sehr an das Wort ,kreativ’ erinnert,“sagt Lee. Blickfang seinerArbeit ist allerdings eine Installation aus Bauzäunen, die dem Raum eine neue Dimension geben und Lees Idee von Minimalismus entsprechen.
So zeigt sich beim Sommerrundgang mal wieder die enorme Bandbreite an künstlerischen Positionen und Techniken. Und entspannter als beim überlaufenenWinterrundgang ist es sowieso.