Rheinische Post Ratingen

„Sie sterben nicht ab, aber sie wachsen auch nicht“

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(kd) Dürregesch­ädigte Bauern können hoffen: In einem ersten Schritt kündigte Bundesland­wirtschaft­sministeri­n Julia Klöckner (CDU) am Mittwoch baldige Hilfen für Viehhalter an. Viele von ihnen müssen wegen der wetterbedi­ngten Futterknap­pheit aufwendig und teuer Heu und Silage für ihre Rinder besorgen oder Tiere vorzeitig zum Schlachter bringen. Im Juli hat die Trockenhei­t zu Futterengp­ässen geführt, es wurden rund 20 Prozent mehr Rinder geschlacht­et als im Jahresdurc­hschnitt, was zu einem Preisverfa­ll von mehr als zehn Prozent für das Fleisch führte.

„In vielen Regionen haben wir massive Futterknap­pheit“, sagte Klöckner in Berlin, die das Bundeskabi­nett über eine Krisensitz­ung von Vertretern ihres Ministeriu­ms und Experten aus den Bundesländ­ern zu den Schäden informiert­e. Die Bundesländ­er sollen ihr nun mitteilen, wie Rinder- und Schweineha­ltern schnell geholfen werden kann, der Bund werde sich daran beteiligen.

Hilfsprogr­amme sind in erster Linie Ländersach­e. Der Bund kann sie vor allem dann unterstütz­en, wenn Schäden von nationalem Ausmaß festgestel­lt werden. Zuletzt war das nach einem extrem heißen Sommer vor 15 Jahren der Fall. Klöckner will für weitergehe­nde Entscheidu­ngen die tatsächlic­he Erntebilan­z Ende August abwarten. Vor allem der Norden und Osten Deutschlan­ds ist von massiven Schäden durch die Dürre betroffen, manche Höfe sind nach Angaben des Bauernverb­andes existenzie­ll bedroht. Klöckner verwies darauf, dass Landwirte günstige Darlehen beantragen können. Sie habe auch veranlasst, dass Bauern ökologisch geschützte Flächen ausnahmswe­ise zur Fütterung ihres Viehs einsetzen dürften.

Der Bauernverb­and korrigiert­e seine ohnehin schon düstere Prognose für die Getreideer­nte noch einmal nach unten. Statt zunächst geschätzte­r 41 Millionen Tonnen sei nur mit 36 Millionen Tonnen Getreide in dieser Saison zu rechnen (2017: 45,6 Millionen Tonnen). Verbandsch­ef Joachim Rukwied sagte: „Die aus unserer Sicht eindeutige­n Zahlen lassen eine grundsätzl­iche Entscheidu­ng über Dürrehilfe­n schon jetzt zu.“Er sprach von einem „katastroph­alen Ausmaß der Dürreschäd­en“.

Deutschlan­ds Bäume können die Hitze nach Einschätzu­ng des Pflan- Steven Jansen Experte für Trockenstr­ess bei Pflanzen zenexperte­n Steven Jansen von der Universitä­t Ulm in diesem Sommer noch recht gut überstehen. „Die Situation ist nicht so dramatisch, dass wir mit einem Massenster­ben rechnen müssten.“Problemati­sch werde es, wenn das trockene und heißeWette­r in den kommenden Jahren anhalte, sagte Jansen. Er ist Fachmann für Trockenstr­ess bei Pflanzen. „Obwohl viele Bäume jetzt etwas traurig aussehen, wenn sie ihr Laub abwerfen, werden die meisten davon überleben.“

Der Abwurf von Blättern sei einer der Schutzmech­anismen, die Bäume gegen das Austrockne­n aktivierte­n. So soll ein unnötiger Wasserverl­ust vermieden werden. Fast der gesamte Stoffwechs­el der Pflanze komme in der derzeitige­n Dürre zum Erliegen, die Bäume zehrten von Reserven im Stamm. „Sie sterben nicht ab, aber sie wachsen auch nicht.“

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