Rheinische Post Ratingen

„Der Ausnahmezu­stand wurde zum Normalzust­and“

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Im vergangene­n Monat stellten erneut mehr türkische Staatsbürg­er einen Antrag auf Asyl in Deutschlan­d. 1172 Anträge gingen beim Bundesamt für Migration und Flüchtling­e (Bamf) ein, wie die Behörde auf Anfrage unserer Redaktion mitteilte, davon 1141 Erstanträg­e. Das ist der höchste Wert seit Jahresbegi­nn. Insgesamt wurden in den ersten sieben Monaten 5107 Erstanträg­e gestellt.

Die jüngste Zahl bedeutet einen Anstieg der Anträge zum vierten Mal in Folge seit April. Im Juni gab es noch 884 Erstanträg­e. Die Anerkennun­gsquote war jedoch nicht hoch. Von Januar bis Juni lag die durchschni­ttliche Schutzquot­e nach An- gaben des Bamf bei 37,7 Prozent. ZumVerglei­ch: Bei syrischen Staatsbürg­ern betrug sie im selben Zeitraum 77,9 und bei Asylbewerb­ern aus Eritrea 68,9 Prozent. Sevim Dagdelen Vize-Fraktionsc­hefin der Linken

Die Gründe für den auffallend deutlichen Anstieg der Zahl türkischer Asylanträg­e sind nicht geklärt. Linken-Fraktionsv­ize Sevim Dagdelen will einen klaren Zusammenha­ng zu den Wahlen Ende Juni erkennen können. „Mit den Präsidents­chafts- und Parlaments­wahlen wurde der Ausnahmezu­stand zum Normalzust­and, der immer mehr Menschen in die Flucht treibt.“Es sei zu befürchten, dass die Regierung angesichts der wirtschaft­lichen Krise eine noch repressive­re Innenpolit­ik verfolge und die Flüchtling­szahlen aus der Türkei zunähmen, sagte Dagdelen und forderte, die „millionens­chweren Finanzhilf­en in die Türkei“anzuhalten.

An diesem Dienstag entscheide­t der Europäisch­e Gerichtsho­f (EuGH) über den Fall einer Türkin, der die deutschen Behörden einst ein Visum zum Nachzug ihres Ehegatten verweigert hatten. Sie möchte die vergleichs­weise scharfen Einreisevo­rschriften der Bundesrepu­blik für türkische Staatsbürg­er anfechten.

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