Alles scheint so, als habe er gerade sein Heim verlassen, um in den nahen Sun Studios einen neuen Song aufzunehmen
nen Drink nehmen.
Die Räume sind eher klein als groß, auf jeden Fall überschaubar. Nur das Erdgeschoss ist zu besichtigen, die darüber liegenden Gemächer bleiben Besuchern verschlossen – angeblich auch US-Präsidenten, die sich einmal ansehen wollen, wie ein König lebt. Das war schon zu Elvis’ Lebzeiten so. Gelegentlich sollen aber heute noch Familienmitglieder vorbeischauen, Priscilla zum Beispiel, Elvis’ Ex-Frau, und Lisa-Marie, seine Tochter. Sofort stellen sich Fantasien ein, wie sie abends zusammen im Esszimmer sitzen und Elvis die Treppe heruntertänzelt, im weißen Bademantel und mit Sonnenbrille, „Heartbreak Hotel“summend.Verwundern würde es nicht.
Dafür überrascht das Haus, weil es für die 70er geradezu zurückhaltend und für einen Popstar ungewöhnlich geschmackvoll eingerichtet ist. Und einzugsfertig dazu. Im Wohnzimmer dominiert ein 4,50 Meter langes Sofa, in der Küche steht eine paar Schritte weiter, im sogenannten Meditationsgarten, gleich hinter dem Swimming-Pool.
Es ist vergleichsweise schlicht, und Besucher halten dort kurz inne, schweigend, als ob er gestern gegangen wäre. An diesem Tag ist auch ein Elvis-Darsteller dabei, eines der unzähligen Doubles, die in den USA durch die Clubs tingeln. Schwarze Hose, schwarzes, weit offenes Hemd, schwarzgefärbte Haare, breiter Gürtel, Elvis-Sonnenbrille, alles da. Er zieht aber keine Show ab, sondern erweist seinem Idol still die Ehre, kniet vor dem Grab kurz nieder, ein Moment voller Anstand und Würde. Graceland verpflichtet.
Später erzählt er, dass es gerade nicht so gut läuft mit seinen Auftritten und fotografiert sich selbst vor dem Eingang, was auch etwas Rührendes hat, und etwas Trauriges dazu. Wie der ganze Besuch. Sicher, in Graceland und vor allem in den 20.000 Quadratmeter großen Ausstellungshallen wird nur der Mythos Elvis bedient, wird kaum an der Fassade gekratzt, werden die Schattenseiten ausgespart, die Sucht, der Fall, die Paranoia.
Dennoch lässt sich der King dort anders erleben. Graceland zeigt, dass den als überirdisch Verklärten allzu irdische Sehnsüchte umtrieben – nach einem trauten Heim, nach Geborgenheit, nach privatem Glück, nach einem Rückzugsort fernab des wahnwitzigen Rummels um seine Person. Es war ihm wichtig, seine Eltern um sich zu haben, ihnen im Vergleich zu seinem Geburtshaus in Tupelo einen Palast bieten zu können. Familie ging ihm über alles, in Memphis hatte er alle Lieben um sich. Für Graceland gilt daher wie für keinen anderen Ort: Elvis is in the building. Elvis lebt.