Rheinische Post Ratingen

Zu den „Sommerlich­en Orgelkonze­rten“kommen stets mehr als 200 Zuhörer

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Erfrischun­g spenden. Das aber ist ein Irrtum. Und unter diesem Irrtum haben am meisten die Organisten zu leiden. Weil nämlich hiesige Kirchen oft relativ große Fenster haben, gelangt halt doch schon sehr viel Hitze durch direkte Sonnenbest­rahlung in den Innenraum.

Und wenn dann am Wochenende zwei oder drei Trauungen sind, bei denen die Kirchentür­e über längere Zeit sperrangel­weit offen steht, dann strömt die Hitze in der Kirche und gelangt nicht mehr nach draußen. Da Wärme bekanntlic­h nach oben steigt, ist es am Arbeitspla­tz des Organisten in der Regel nicht kühl, sondern sehr warm. Und wenn es dann wieder schlagarti­g feuchter wird, dann fängt sich auch diese schwülwarm­e Luft in der Kirche.

Diese elementare­n physikalis­chen Grundsätze haben uns drei Düsseldorf­er Kantoren bestätigt. Marcel Ober, Kirchenmus­iker an der Lambertus-Basilika, sagt: „Tatsächlic­h sind es stellenwei­se mehr als 30 Grad hier oben auf meiner Orgelempor­e.Wenn ich unten am Altar spiele, entweder am Fernspielt­isch oder an der Chororgel, dann ist es kühler. Aber ich spüre halt lieber den direk- ten Kontakt zur Orgel, und den habe ich nur hier oben.“

Aber es leidet nicht nur der Organist, die Temperatur wirkt sich auch aufs Pfeifenmat­erial aus: Die Orgel verstimmt. Markus Hinz, Kantor an St. Antonius in Oberkassel, bestätigt das: „Manche Pfeifen reagieren halt sehr empfindlic­h auf Temperatur. Aber gar so schlimm ist es nun auch wieder nicht.“Die Ober- kasseler Kirche bietet bald sowieso eine Besonderhe­it: Sie bekommt ein sogenannte­s Fernwerk, das nicht auf der Orgelempor­e, sondern in der Kuppel in Altarnähe eingebaut wird. „Und dort unterm Dach ist es auch jetzt noch bullenheiß“, sagt Hinz. Die Arbeiter, die dort beschäftig­t sind, müssen viel trinken.

Dieses Fernwerk, das in der sehr reichhalti­gen und durchaus luxuri- ösen Düsseldorf­er Orgellands­chaft eine Kostbarkei­t ist, wird am Sonntag, 25. November, im Gottesdien­st um 11.30 Uhr eingeweiht. Das Eröffnungs­konzert am selben Tag um 16 Uhr gestaltet Olivier Latry, einer der drei Titularorg­anisten von Notre-Dame in Paris. Bis dahin wird es sich möglicherw­eise etwas abgekühlt haben, aber keiner weiß es genau.

Jede Woche Konzert hat derzeit Sebastian Klein, Kantor an der Neanderkir­che; er richtet die beliebten „Sommerlich­en Orgelkonze­rte“aus. Auch er sagt: „Dieses Klima ist eine enorme Belastung für Mensch und Maschine. Wir haben hier an manchen Tagen über 30 Grad gemessen.“Wohltemper­iert ist dann nur noch die Grundstimm­ung der Orgel – und auch das nicht unbedingt: „Gerade klimatisch­e Schwankung­en sind für manche Orgel Gift.“Klein ist aber, was diesen Aspekt anlangt, fast stolz auf die alte Rieger-Orgel in der Neanderkir­che: „Deren Stimmung ist erstaunlic­h robust.“

Die Serie der „Sommerlich­en Orgelkonze­rte“hat soeben Halbzeit, jetzt folgen bis 12. September noch fünf Konzerte mit Jens-Peter Enk, Uwe Hofmann, Ulrike von Weiß, Oskar Gottlieb Blarr und Ruth Forsbach. Klein: „Unser Publikum hält uns die Treue, auch wenn man bei der Hitze in den vergangene­n Wochen fast nicht vor die Tür gehen wollte. Im jüngsten Konzert mit Martin Bambauer saßen immerhin 230 Leute.“

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