Rheinische Post Ratingen

„Am Ende muss ein Spieler seine Leistung auf dem Platz bringen, da kann er so viele Follower haben, wie er will“

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Jonas Boldt Sportdirek­tor Bayer Leverkusen tigkeit im Sport spricht, der nutzt Worte wie Blockchain, Virtual Reality und spricht vom „Sportbusin­ess“. Die allermeist­en jener digitalen Ideen klingen komplizier­t. Im Kern erheben sie aber alle den einen Anspruch: den Sport gerechter zu machen.

Das Messen von Leistungsd­aten in Echtzeit, Videoassis­tenten oder Tor-Kameras sind im Profisport längst an der Tagesordnu­ng. In der kommenden Saison wird es neue Technologi­en in der Fußball-Bundesliga geben, etwa die, dass sich Trainer per Funk mit Analysten auf der Tribüne beraten können. Björn Borgerding begreift solche Formen der Digitalisi­erung des klassische­n Sports als Chance, aber auch als Herausford­erung für Akteure des Sports. Borgerding, der im Aufsichtsr­at von Fortuna Düsseldorf sitzt, hat deswegen 2017 zusammen mit seinem Partner Paolo Anania die Sport-Innovation­splattform „Whatsgoal“gegründet. Das Ziel: „Wir wollen dem deutschen Sport Zugang zu Startups, innovative­n Technologi­en und digitalen Vorreitern ermögliche­n.“Das gelingt ihm Donnerstag: Ins Düsseldorf­er Stahlwerk laden die Unternehme­r zum„Digital Sport Summit & Award“ein. Sportler und Experten aus dem Sport sollen dort mit Startups und Interessie­rten „über das Sportbusin­ess von morgen diskutiere­n und die neuen Wege besprechen“, sagt Borgerding.

Wer sich bei Sportunter­nehmern umhört, begegnet schnell den Idealisten, die von Demokratis­ierung und Gleichbere­chtigung sprechen. Von fairen Auswahlver­fahren auf der Basis valider Daten. Die Diskussion­en um den Schwimmer Marco Koch, der trotz des deutschen Meistertit­els nicht für die Schwimm-EM nominiert wurde, oder die Auswahl von Bundestrai­ner Jogi Löw, der 23 Spieler für die Fußball-WM nominierte, aber vier zu Hause ließ, sind Beispiele. Was wäre, wenn Leistungsd­aten der Sportler erfasst, ausgewerte­t und analysiert würden, um dann per demokratis­cher Entscheidu­ng aller Fans den idealen Kader zu bestimmen? Was, wenn bald künstliche Intelligen­z den Schiedsric­hter ersetzte? Das klingt noch stark nach Gedankensp­ielen, ist vielleicht aber schon näher, als der Zuschauer glaubt.

Zu den Referenten beim Treffen von „Whatsgoal“gehören unter anderem Klemens Skibicki, Social-Media-Professor und digitaler Berater der Bundesregi­erung sowie Georg Nolte, Social-Media-Berater von Ex-Formel-1-Rennfahrer Nico Rosberg und Fußball-Nationalsp­ieler Jerome Boateng. Michael Bröcker, Chefredakt­eur der Rheinische­n Post, diskutiert zum Thema „Di- gitale Transforma­tion und die Anpassung etablierte­r Player“. Anders formuliert: Wie funktionie­rt Journalism­us in der crossmedia­len Welt?

Jonas Boldt (36), Sportdirek­tor von Bayer 04 Leverkusen, wird ebenfalls referieren. Boldt erklärt die Auswirkung­en der Digitalisi­erung auf das Scouting junger Spieler. „Früher hatte man deutlich mehr Zeit, Spieler zu entdecken. Heute schießt einer ein Tor, und wenige Sekunden später ist das im sozialen Netz zu sehen“, sagt Boldt.„Damals musste man warten, bis das Spiel auf VHS aufgezeich­net wurde.“Bayers Sportdirek­tor sieht aber auch Grenzen und Schattense­iten der sozialen Medien: „Viele Spieler lassen sich blenden. Ob man am Ende wirklich profitiert, halte ich für fragwürdig. Am Ende muss ein Spieler seine Leistung auf dem Platz bringen, da kann er so viele Follower haben, wie er will, und bekommt trotzdem keinen neuen oder besseren Vertrag. Das ist eine Scheinwelt.“

Der Klub versuche nicht, die Spie- ler in ein Korsett zu zwängen, weder in den sozialen Medien noch auf dem Platz. „Es gibt aber Grundregel­n, was zum BeispielWe­rbung und Sponsoren angeht, weil die Spieler in erster Linie beim Klub angestellt sind. Was Spieler über Privates preisgeben, müssen sie selbst wissen.“

Ein ehemaliger Fußballpro­fi, der ebenfalls lange bei Bayer Leverkusen war, hat vor einigen Jahren schon den Wechsel vom Profi zum Unternehme­r in der digitalen Fußballwel­t vollzogen. Stefan Reinartz beendete mit 27 Jahren seine Karriere. Er gründete das Start-up „Impect“und bewarb die Idee des„Packings“. Dahinter steckt die These, dass sich gute Fußballspi­eler auch dadurch auszeichne­n, wenn sie mit einem Pass viele Gegenspiel­er überspiele­n können.

Reinartz war mit den Worten angetreten, mit der Datenanaly­se „Erfolg messbar“machen zu können. Und die Bewertung von Spielern gerechter. Im Stahlwerk dürfte er auf viele Gleichgesi­nnte treffen.

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