„Bin kein Freund von Sportministerien“
Der frühere DOSB-Chef spricht über sein neues Amt im Galoppsport und Horst Seehofers Interesse am Sport.
KÖLN Ende vergangenen Jahres ist Michael Vesper aus Altersgründen als Vorstandschef des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) ausgeschieden. Doch im Ruhestand ist der frühere NRW-Bauminister deswegen nicht. Im Gegenteil. Seit Mitte März ist der 66-Jährige Präsident des Galoppsport-Dachverbandes.
Sie mussten sich erst als Politiker mit Politikern herumschlagen und danach als Vorstandsvorsitzender des DOSB mit Politikern und Sportfunktionären. Warum tun sie sich jetzt mit 66 noch dieses Amt an?
VESPER Udo Jürgens behauptete doch: Mit 66 Jahren, da fängt das Leben an… Auf ein neues Spielfeld zu gehen, ist spannend und fordert mich. Ich lerne eine Sportart kennen, die mir bisher nicht so präsent war, weil sie nicht olympisch ist. Wie schon 2006 beim DOSB war auch jetzt ein Quereinsteiger gewünscht.
Arbeit gibt es genug, kann ich mir vorstellen.
VESPER In der Tat. Die Lage des Galoppsports ist nicht einfach, und die Verflechtungen und Eigeninteressen der unterschiedlichen Akteure sind schon kompliziert. Wir verfolgen drei große Ziele: die wirtschaftliche Lage wieder zu verbessern, das Wir-Gefühl von Züchtern, Besitzern und Vereinen zu stärken und die Kontakte zur Politik auf allen Ebenen zu intensivieren. So hat ja jede Rennbahn mindestens einen Abgeordneten, in dessen Wahlkreis sie liegt. Seine Unterstützung brauchen wir.
Und was bietet der Galoppsport der Politik als Zukunftsentwurf an? VESPER Wer einmal auf einer Rennbahn war, findet das in der Regel prima. Kaum jemand spricht von einem verlorenen Nachmittag. Die Rennbahn ist ein wunderbarer Ort für einen Familienausflug – mit großem Sport, zwei Euro für eine Wette und Picknick im Grünen. Außerhalb des Mannschaftssports kenne ich kaum eine Sportart, die in Deutschland so viele Zuschauer anzieht wie der Galoppsport. Das wissen viele nicht. Deswegen müssen wir es ihnen sagen.
Fehlt es also an Außendarstellung? VESPER Der Galoppsport ist regional gut verankert. Nehmen Sie die Rennbahn in Düsseldorf-Grafenberg. Die ist als Anlage anerkannt, die das Stadtbild prägt. Was fehlt, ist das überregionale Verständnis für unseren Sport. Wir müssen also die regionale Präsenz bewahren, es braucht aber wie in England oder Frankreich auch eine nationale Dachmarke. Wie im Fußball: Jeder Bundesligist funktioniert in seiner Region, trotzdem vermarkten sich die Clubs gemeinsam als Liga.
Die European Championships haben zuletzt den Gedanken wiederbelebt, über den Tellerrand der eigenen Sportart hinauszugucken. Ist das der richtige Weg?
VESPER Unbedingt. Denn es ist der beste Weg, über die Dominanz des Fußballs nicht zu jammern, sondern selbst mehr dafür zu tun, Beachtung zu finden. Lange scheiterten solche Versuche nicht zuletzt auch an der bornierten Haltung mancher Sportverbände gegenüber einer auch hinsichtlich der Terminierung fernsehgerechten Präsentation. Jetzt haben wir gesehen, was sich mit abgestimmten Sportevents auch im Sommersport erreichen lässt, das war großartig.
Ist die staatliche Sportförderung auch künftig das richtige grundlegende Modell?
VESPER Der Bund, aber auch viele Länder, fördert den Leistungssport, weil er der staatlichen Repräsentation dient und zum Ansehen unseres Landes in der Welt beiträgt. Dem Ziel, dies noch effizienter zu tun, dient die Leistungssportreform, die ja derzeit umgesetzt wird. Wir dürfen unsere Spitzensportler nicht allein lassen. Seit der Bundestagswahl findet sich der Sport plötzlich als eines von zehn Ressorts im Super-Ministerium von Horst Seehofer wieder. Geht er da nicht unter?
VESPER Das neue Innenministerium ist in der Tat riesig. Aber es gibt darin zwei Staatssekretäre, die sich schwerpunktmäßig um den Sport kümmern. Ich bin kein Freund von isolierten Sportministerien, die nur für Sport und nichts anderes zuständig sind, denn sie würden am Kabinettstisch über zu wenig Substanz verfügen, auch in materieller Hinsicht. Es tut dem Sport gut, dass er in ein wichtiges Ministerium eingebettet ist – jedenfalls dann, wenn der Minister sich dafür interessiert.
Wie finden Sie die Idee einer Olympiabewerbung von NRW für die Spiele 2032?
VESPER Der Grundgedanke ist natürlich faszinierend, weil er eine Anforderung des IOC in idealer Weise umsetzt, die seit unserer Bewerbung mit Düsseldorf-Rhein-Ruhr für die Spiele 2012 immens an Bedeutung gewonnen hat: Nachhaltigkeit.