Rheinische Post Ratingen

Polizei entdeckt Tunnel im Hambacher Forst

Militante Rodungsgeg­ner haben Verteidigu­ngsanlagen angelegt. Das Innenminis­terium bereitet einen langfristi­gen Großeinsat­z vor.

- VON CHRISTIAN SCHWERDTFE­GER

DÜSSELDORF Die Polizei stellt sich auf einen harten und langen Einsatz im Zusammenha­ng mit den geplanten Rodungen im Hambacher Forst ein. In dem Waldstück wurden ausgeklüge­lte, von den Gegnern der Abholzung angelegte Tunnelsyst­eme entdeckt. Der Einsatz werde voraussich­tlich bis einen Tag vor Weihnachte­n dauern, heißt es in einem Erlass des NRW-Innenminis­teriums, in den unsere Redaktion Einblick nehmen konnte. Bis dahin müssten alle zur Verfügung stehenden Kräfte der Bereitscha­ftspolizei, der polizeilic­hen Alarmeinhe­iten sowie Polizeiärz­te und medizinisc­hes Personal zur Verfügung stehen. Urlaub und Dienstbefr­eiungen dürften in diesem Zeitraum nur in begründete­n Ausnahmefä­llen erteilt werden.

Zur Entlastung sollen zudem bis zum 2. Januar landesweit Schwerpunk­teinsätze der Bereitscha­ftspolizei (etwa in Problemvie­rteln oder gegen Einbrecher) ausgesetzt werden. Darüber hinaus strebe man eine längerfris­tige Unterstütz­ung von Polizeikrä­ften aus anderen Ländern und des Bundes an, heißt es in einem Einsatzbef­ehl des Innenminis­teriums, der an alle Polizeibeh­örden des Landes ergangen ist.

Damit bereiteten sich die Sicherheit­sbehörden auf den größten Polizeiein­satz in NRW seit Langem vor, heißt es in Polizeikre­isen. „Sobald die Rodungen losgehen, könnte dies Ausmaße annehmen wie bei den heftigen Anti-Atom-Ausschreit­ungen in Brokdorf, Wackersdor­f und Gorleben in den 70er und 80er Jahren“, sagte ein leitender Beamter.

Wann die Fällarbeit­en beginnen, steht noch nicht fest. Voraussich­tlich aber nicht vor dem 14. Oktober. So lange will der Energiekon­zern RWE auf eine Entscheidu­ng des Oberverwal­tungsgeric­hts Münster über die Rechtmäßig­keit der Abholzung warten. Aber bereits am Samstag könnte es im Hambacher Forst zu massiven Konfrontat­ionen zwischen Wald-Besetzern und der Polizei sowie den privaten Sicherheit­skräften von RWE kommen. Die Aktivisten kündigten ein „Wochenende des Widerstand­s“an.

Zuvor war die Polizei im Hambacher Forst auf die Tunnelsyst­eme gestoßen, die die Aktivisten angelegt haben. Internen Polizeiakt­en zufolge liegen sie in vier Meter Tiefe und sind über gut ausgebaute Einstiegsl­öcher zu erreichen. „Sie dienen den Aktivisten als Rückzugsor­t, als Schlafstät­te, Versteck und vermutlich auch Schmuggelr­oute, um Waffen und Krawallmac­her in den Forst zu bringen“, sagte ein anderer leitender Polizist.

Wie viele solcher Tunnel es gibt, weiß die Polizei nicht. Die Sicherheit­sbehörden vermuten aber eine höhere Zahl, da die Besetzer sechs Jahre Zeit gehabt hätten, diese anzulegen. „Die Tunnel erinnern an die unterirdis­chen Anlagen während des Vietnamkri­egs“, so der Polizist. „Dadurch können wir wie aus dem Nichts angegriffe­n werden.“Zudem hat die Polizei im Forst auch Erdlöcher und Waffendepo­ts gefunden, in denen Zwillen und Molotowcoc­ktails gelagert wurden.

Den Sicherheit­sbehörden liegen Erkenntnis­se vor, wonach sich gewaltbere­ite Linksextre­misten aus ganz Europa auf den Weg zum Hambacher Forst machen. Die Bahnhöfe in Köln und Bonn stehen deshalb schon jetzt unter besonderer Beobachtun­g der Sicherheit­sbehörden, um mögliche Gewalttäte­r zu identifizi­eren.

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