Merkel und Macron senden Signal der Entschlossenheit
MARSEILLE Es waren mehr die Bilder als die Worte, die am Freitagabend sprachen. Angela Merkel und Emmanuel Macron zeigten sich zusammen in Marseille, der Einwandererstadt am Mittelmeer. Ihre Erklärung vor dem Palais du Pharo dauerte nur fünf Minuten, doch die Botschaft war klar: Deutschland und Frankreich suchen weiter nach einer gemeinsamen europäischen Flüchtlingspolitik. „Deutschland und Frankreich haben dieselbe Art des Herangehens an die Probleme“, sagte Merkel. „Europa muss sich in dieser Frage beweisen.“
Macron hatte am Donnerstag in Luxemburg mit den Regierungschefs der Benelux-Staaten vereinbart, beim EU-Gipfel am 19. und 20. September in Salzburg konkrete Ideen vorzulegen. In der Flüchtlingsfrage sind die EU-Staaten seit dem Gipfeltreffen im Juni nicht weiter gekommen. Zwar vereinbarten die 28 damals die Einrichtung von Aufnahmezentren für Flüchtlinge außerhalb der EU, doch bisher erklärte sich kein Land dazu bereit.
Im Gegensatz zur Kanzlerin ist Macron bereits im Wahlkampfmodus. Das hatte er in Luxemburg deutlich gemacht. Dort trat der 40-Jährige zusammen mit Regierungschef Xavier Bettel vor 1900 Zuhörern bei einer „Bürgerkonsultation“auf und wurde mit stehenden Ovationen gefeiert. Macron setzte dabei einmal mehr auf eine Konfrontation zwischen „Progressiven“, als deren Anführer er sich sieht, und Populisten. Merkel rechnete er seinem Lager zu: „Da gibt es keine Zweideutigkeit.“
Diese Polarisierung dürfte Merkel aber Probleme bereiten, denn der Präsident forderte die konservative Europäische Volkspartei (EVP) auf, ihre Position zu klären. „Man kann nicht gleichzeitig auf Merkels und Orbans Seite sein“, sagte er mit Blick auf den ungarischen Regierungschef. Ein vergiftetes Geschenk an die Kanzlerin, die als CDU-Chefin die EVP zusammen halten will. Kein Wunder, dass Unionsfraktionschef Volker Kauder in Berlin kritisierte: „Der französische Präsident fängt ein bisschen früh mit dem Europawahlkampf an. Vielleicht zu früh.“
Weitere Themen des Treffens waren die Verteidigungszusammenarbeit, der Brexit und die Reform der Euro-Zone. Hier hatte Merkel im Juni beim deutsch-französischen Ministerrat in Meseberg ein zaghaftes Ja zu einem Eurozonen-Budget gesprochen. Das Thema soll allerdings erst im Dezember bei einem EU-Gipfel wieder erörtert werden.
Der wichtigste Oppositionspolitiker Jean-Luc Mélenchon erschien als ungebetener Gast zum Treffen in Marseille. Zu seiner Demonstration „Stop Macron“am alten Hafen kamen rund 200 Menschen. „Die beiden wollen schlau sein und sagen ‚Wir sind Humanisten‘, doch sie sind das Gegenteil“, sagte der Chef der Linksaußen-Partei La France Insoumise, der Merkel mehrfach scharf kritisiert hatte. Der 67-Jährige kündigte an, die Kanzlerin werde ihn künftig häufiger sehen.