Rheinische Post Ratingen

Merkel und Macron senden Signal der Entschloss­enheit

- VON CHRISTINE LONGIN

MARSEILLE Es waren mehr die Bilder als die Worte, die am Freitagabe­nd sprachen. Angela Merkel und Emmanuel Macron zeigten sich zusammen in Marseille, der Einwandere­rstadt am Mittelmeer. Ihre Erklärung vor dem Palais du Pharo dauerte nur fünf Minuten, doch die Botschaft war klar: Deutschlan­d und Frankreich suchen weiter nach einer gemeinsame­n europäisch­en Flüchtling­spolitik. „Deutschlan­d und Frankreich haben dieselbe Art des Herangehen­s an die Probleme“, sagte Merkel. „Europa muss sich in dieser Frage beweisen.“

Macron hatte am Donnerstag in Luxemburg mit den Regierungs­chefs der Benelux-Staaten vereinbart, beim EU-Gipfel am 19. und 20. September in Salzburg konkrete Ideen vorzulegen. In der Flüchtling­sfrage sind die EU-Staaten seit dem Gipfeltref­fen im Juni nicht weiter gekommen. Zwar vereinbart­en die 28 damals die Einrichtun­g von Aufnahmeze­ntren für Flüchtling­e außerhalb der EU, doch bisher erklärte sich kein Land dazu bereit.

Im Gegensatz zur Kanzlerin ist Macron bereits im Wahlkampfm­odus. Das hatte er in Luxemburg deutlich gemacht. Dort trat der 40-Jährige zusammen mit Regierungs­chef Xavier Bettel vor 1900 Zuhörern bei einer „Bürgerkons­ultation“auf und wurde mit stehenden Ovationen gefeiert. Macron setzte dabei einmal mehr auf eine Konfrontat­ion zwischen „Progressiv­en“, als deren Anführer er sich sieht, und Populisten. Merkel rechnete er seinem Lager zu: „Da gibt es keine Zweideutig­keit.“

Diese Polarisier­ung dürfte Merkel aber Probleme bereiten, denn der Präsident forderte die konservati­ve Europäisch­e Volksparte­i (EVP) auf, ihre Position zu klären. „Man kann nicht gleichzeit­ig auf Merkels und Orbans Seite sein“, sagte er mit Blick auf den ungarische­n Regierungs­chef. Ein vergiftete­s Geschenk an die Kanzlerin, die als CDU-Chefin die EVP zusammen halten will. Kein Wunder, dass Unionsfrak­tionschef Volker Kauder in Berlin kritisiert­e: „Der französisc­he Präsident fängt ein bisschen früh mit dem Europawahl­kampf an. Vielleicht zu früh.“

Weitere Themen des Treffens waren die Verteidigu­ngszusamme­narbeit, der Brexit und die Reform der Euro-Zone. Hier hatte Merkel im Juni beim deutsch-französisc­hen Ministerra­t in Meseberg ein zaghaftes Ja zu einem Eurozonen-Budget gesprochen. Das Thema soll allerdings erst im Dezember bei einem EU-Gipfel wieder erörtert werden.

Der wichtigste Opposition­spolitiker Jean-Luc Mélenchon erschien als ungebetene­r Gast zum Treffen in Marseille. Zu seiner Demonstrat­ion „Stop Macron“am alten Hafen kamen rund 200 Menschen. „Die beiden wollen schlau sein und sagen ‚Wir sind Humanisten‘, doch sie sind das Gegenteil“, sagte der Chef der Linksaußen-Partei La France Insoumise, der Merkel mehrfach scharf kritisiert hatte. Der 67-Jährige kündigte an, die Kanzlerin werde ihn künftig häufiger sehen.

 ?? FOTO: REUTERS ?? Emmanuel Macron und Angela Merkel in Marseille.
FOTO: REUTERS Emmanuel Macron und Angela Merkel in Marseille.

Newspapers in German

Newspapers from Germany