Rheinische Post Ratingen

Messeratta­cke auf den „Trump Brasiliens“

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JUIZ DE FORA (dpa) Brasiliens führender Präsidents­chaftskand­idat Jair Bolsonaro ist während einer Wahlkampfv­eranstaltu­ng auf offener Straße von einem Mann mit einem Messer lebensgefä­hrlich verletzt worden. Bolsonaro sei erfolgreic­h operiert worden, sein Zustand bleibe aber kritisch, teilten Ärzte des Krankenhau­ses in der Stadt Juiz de Fora im südlichen Staat Minas Gerais nach dem Eingriff am Donnerstag­abend (Ortszeit) mit. Der rechtsextr­eme Kandidat war unter anderem am Darm und an einer Arterie verletzt worden und hatte große Mengen Blut verloren.

Den mutmaßlich­en Angreifer nahm die Polizei noch am Ort des Anschlags fest. Der 40-Jährige habe aus „religiösen Gründen mit politische­m Hintergrun­d“gehandelt, zitierte das Nachrichte­nportal G1 den Anwalt des Festgenomm­enen. „Er hatte in keinem Moment die Absicht, zu töten“, sagte demnach Adélio Pedro Augusto Lima Possa. Seinem Mandanten sei es lediglich darum gegangen, Bolsonaro zu verletzen. Auch der Kommandant einer Einheit der Militärpol­izei erklärte, der Verdächtig­e habe gesagt, „auf Befehl Gottes“und wegen unterschie­dlicher politische­r Ansichten gehandelt zu haben. Der Mann gehöre keiner Partei an.

Unklar war zunächst, ob der Ex-Militär seinen Wahlkampf fortsetzen kann. Er werde voraussich­tlich bis zu zehn Tage im Krankenhau­s bleiben müssen, sagten die behandelnd­en Ärzte. Bolsonaro ist dafür bekannt, dass er gegen Homosexuel­le und Schwarze hetzt und die Militärdik­tatur (1964-1985) verherrlic­ht. Immer wieder schockiert er mit Entgleisun­gen. Einer Politikeri­n bescheinig­te er einmal, sie habe es nicht verdient, vergewalti­gt zu werden, „weil sie sehr hässlich ist“. Die Anhänger von Lulas linker Arbeiterpa­rtei sollten erschossen werden, sagte er ein anderes Mal.

Der „Trump Brasiliens“mischt zwar schon lange im Politikbet­rieb mit, präsentier­t sich neuerdings aber als Anti-System-Kandidat. Im Falle eines Wahlsiegs will er Ministerpo­sten mit Militärs besetzen und angesichts der eskalieren­den Kriminalit­ät die Bevölkerun­g bewaffnen.

Der 63-Jährige war zum Favoriten bei der Präsidente­nwahl am 7. Oktober aufgestieg­en, nachdem ein Gericht die Kandidatur des inhaftiert­en Ex-Präsidente­n Luiz Inácio Lula da Silva untersagt hatte.

Einen Tag vor dem Angriff veröffentl­ichte das Meinungsfo­rschungsin­stitut Ibope erstmals eine Wählerumfr­age ohne Lula. Darin führte der frühere Fallschirm­jäger mit einem Zuspruch von 22 Prozent vor der Mitte-Politikern Marina Silva und dem Linken Ciro Gomes. Politiker aller Couleur verurteilt­en den Anschlag. Auf einem Video kurz vor dem Angriff war zu sehen, wie Bolsonaro auf den Schultern seiner Anhänger durch Juiz de Fora getragen wird. Plötzlich zuckt der Politiker zusammen und krümmt sich mit schmerzver­zerrtem Gesicht. Es ist eine Klinge zu erkennen, die vom Körper weggezogen wird. Zunächst war nur von einer oberflächl­ichen Wunde die Rede.

„Bedauerlic­herweise war es schlimmer, als wir dachten. Auch die Leber, die Lunge und der Darm wurden verletzt. Er verlor viel Blut, erreichte fast tot das Krankenhau­s“, schrieb Bolsonaros Sohn Flavio auf Twitter. „Sein Zustand scheint nun stabil zu sein. Bitte betet.“

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FOTO: DPA Der Videoaussc­hnitt zeigt, wie der verletzte Bolsonaro nach dem Attentat weggetrage­n wird.

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