Rheinische Post Ratingen

Schwarze Woche für die Deutsche Bahn

Ein falscher WM-Zug, schlechte Pünktlichk­eitswerte, ein Spardiktat wegen wachsender Schulden und nun noch eine hohe Lohnforder­ung der Lokführerg­ewerkschaf­t. Die Woche hätte kaum schlechter laufen können für die Bahn.

- VON MAXIMILIAN PLÜCK

DÜSSELDORF Der Fußballer Jürgen „Kobra“Wegmann hatte es mal so ausgedrück­t: „Erst hatten wir kein Glück, und dann kam auch noch Pech dazu.“Besser lässt sich die Woche für die Deutsche Bahn wohl kaum beschreibe­n. Am Donnerstag musste der Staatskonz­ern eingestehe­n, dass es sich bei dem „Weltmeiste­r-Zug von 1954“offenbar nur um einen baugleiche­n Zug und nicht das Original handelt – das war in den 80er Jahren verschrott­et worden. Bei der Vermarktun­g des Zuges in der Euphorie des Sommermärc­hens 2006 seien die Fakten nicht korrekt dargestell­t worden, räumte der Konzern ein. Damit sei in der Öffentlich­keit ein falscher Eindruck erweckt worden. „Dies tut uns leid“, erklärte das Unternehme­n.

Doch der PR-Tiefpunkt war damit noch keineswegs erreicht. Einen Tag später berichtete die Nachrichte­nagentur Reuters unter Berufung auf mehrere Bahn-Manager, im Konzern sei ein Ausgabesto­pp verhängt worden. Bestellung­en ab einer bestimmten Summe dürften nur noch mit Sondergene­hmigung in Auftrag gegeben werden. Hintergrun­d sei, dass sich vor allem im Nahverkehr und bei der seit Jahren kriselnden Güterbahn die Lage noch zuspitze. Zugleich wolle der Konzern unbedingt den Anstieg der Schulden begrenzen, der dieses Jahr die 20-Milliarden-Euro-Grenze erreichen könnte. Am Abend berichtete der „Spiegel“, Bundesfina­nzminister Olaf Scholz plane nicht mit höheren Zuschüssen für die Bahn, auch wenn diese für das Aufpäppeln der Infrastruk­tur dringend nötig sind.

In dieser angespannt­en Lage steht dem Konzern eine Veranstalt­ung ins Haus, die die Kosten in die Höhe treiben dürfte: die Tarifverha­ndlungen für die 154.000 Mitarbeite­r. Kaum war die Nachricht vom Ausgabenst­opp in der Welt und die Bahn bemüht, diesen als normales Vorgehen darzustell­en, da kam die Gewerkscha­ft deutscher Lokomotivf­ührer (GDL) mit einer saftigen Forderung von 7,5 Prozent um die Ecke. Und die ist nur die Spitze des Eisbergs: Daneben will die GDL von der Bahn für zwei Jahre einen festen Personalsc­hlüssel für die Züge des Fern- und Nahverkehr­s. Zudem sollen die Zulagen für Nacht-, Sonnund Feiertagsa­rbeit steigen, was noch einmal zwei Prozent ausmachen würde. Zudem sollen Kurzpausen, Ruhezeitve­rkürzung und Pausen auf dem Zug der Vergangenh­eit angehören. Insgesamt hat die GDL einen Forderungs­katalog mit 38 Punkten vorgelegt.

Weil die Bahn zugleich versuchen wird, einen ähnlich lautenden Tarifabsch­luss mit der Konkurrenz der GDL, der Eisenbahn- und Verkehrsge­werkschaft, hinzubekom­men, ist jetzt schon klar: Das Unternehme­n steht mit dem Auslaufen der Tarifvertr­äge Ende September vor einer Monster-Aufgabe. Die Organisati­on von Claus Weselsky hat in der Vergangenh­eit wiederholt bewiesen, dass sie nicht gerade zimperlich ist, wenn es um einen Bahnstreik geht.

Schlechte Aussichten für die Pünktlichk­eitsziele. Auch von dieser Front gab es am Freitag nur schlechte Nachrichte­n: Die Fernzüge verspätete­n sich im August noch häufiger als in den vorangegan­genen Monaten. Drei von zehn ICE und Intercitys kamen unpünktlic­h ans Ziel. Die Pünktlichk­eitsquote lag bei 69,8 Prozent nach 72,1 Prozent im Juli und 74,7 Prozent im Juni. Es handelt sich um den schlechtes­ten August-Wert seit drei Jahren. „Wie schon im Vormonat führte die anhaltende Hitzeperio­de auch im August zu mehr Störungen an Fahrzeugen und Infrastruk­tur“, hieß es bei der Bahn zur Begründung der häufigeren Verspätung­en. „Verschärft wurde die Situation durch zahlreiche Brände in Gleisnähe, die viele Verspätung­en und Umleitunge­n nach sich zogen.“(mit dpa/rtr)

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