Rheinische Post Ratingen

Osaka trifft im Finale der US Open auf ihr Vorbild

-

NEW YORK (sid) Als kleines Mädchen hatte Naomi Osaka einen Traum. Wieder und wieder stellte sie sich dieses eine Match vor. Sie auf der einen, ihr großes Idol Serena Williams auf der anderen Seite. In ihrer Fantasie war es ein Grand-Slam-Finale, und immer endete es mit demselben Resultat. „Ich träume ja nicht von Niederlage­n“, sagte Osaka, als ihr Wunsch Wirklichke­it geworden war. Am Samstag (22 Uhr/Eurosport) spielt die 20 Jahre junge Japanerin tatsächlic­h gegen Williams um einen der größten Titel der Tenniswelt. Im Finale der US Open in New York fordert sie ihr Vorbild heraus. „Das fühlt sich ein bisschen surreal an“, sagte Osaka nach dem 6:2, 6:4 im Halbfinale gegen Williams‘ Landsfrau Madison Keys.

Mit einer seltenen Mischung aus Naivität, Humor und unerbittli­chem Angriffste­nnis hat sich Osaka nicht nur als erste Japanerin in ein Grand-Slam-Finale gespielt, sondern auch in die Herzen der Fans in Flushing Meadows. Die müssen sich am Samstag entscheide­n, welche Erzählung ihnen besser gefällt: die der Herausford­ererin mit Wurzeln in Japan, Haiti und Long Island oder die der Altmeister­in Williams, die die nächste Chance auf den historisch­en 24. Grand-Slam-Titel hat.

Osakas deutscher Trainer Sascha Bajin arbeitete einst jahrelang als Schlagpart­ner im Team von Serena Williams, er ist in New York der Kronzeuge, wenn es darum geht, Parallelen zwischen den beiden Finalistin­nen zu ziehen. „Die einzige Gemeinsamk­eit zwischen ihnen ist die wilde Mähne“, sagt er.

Auf dem Platz ähnelt sein Schützling der seit Jahrzehnte­n alles überragend­en Williams im Kerngeschä­ft. Beide schlagen hart und präzise auf und kräftig von der Grundlinie. Osakas Vater Leonard Francois, ein Haitianer, hatte sich das Training für seine Töchter Naomi und Mari von Richard Williams abgeschaut, der seine Kinder Serena und Venus von klein auf zu Tennisstar­s geformt hatte. Osaka hat wie ihr Idol keine Angst auf der großen Bühne: Gegen Keys wehrte sie alle 13 Breakbälle ab.

Wie weit Osaka für ihr Alter bereits ist, musste Williams im März in Miami erfahren, als sie das bislang einzige Duell klar verlor. „Damals habe ich noch gestillt“, sagte Williams, „das war eine ganz andere Situation.“Osaka erwiderte: „Ich will mir gar nicht den Kopf darüber zerbrechen, dass sie jetzt viel besser ist als in Miami. Ich gehe einfach raus und spiele.“In ihrer Fantasie kennt sie das Ergebnis bereits. Es wäre ein kleines Wunder, wenn ihr am Samstag der letzte Punkt gelänge.

Newspapers in German

Newspapers from Germany