Rheinische Post Ratingen

Moderne Technologi­en verändern die Medizinwel­t in riesigen Schritten. Operations-Roboter sind schon seit Jahren im Einsatz – wie etwa bei Prostata-Operatione­n am Universitä­tsklinikum Düsseldorf.

- VON JOSÉ MACIAS

Es klingt nach einer ScienceFic­tion-Vorlage aus einem Hollywood-Film: Ein Roboter, der mit seinen flinken Metallhänd­en eine Operation durchführt – hochpräzis­e, fehlerfrei und unermüdlic­h verrichtet er sein Werk am Patienten. Utopie? Nein, solche Roboter werden in deutschen Kliniken schon längst eingesetzt. Mehr noch: Wer weiß schon, dass das Universitä­tsklinikum Düsseldorf zu Deutschlan­ds Pionieren beim Einsatz von Medizin-Robotern zählt? „Wir setzen in unserer Klinik für Urologie bereits seit 2009 Operations-Roboter für Operatione­n an der Prostata ein – und waren damit bundesweit eine der ersten Kliniken, die auf diese fortschrit­tliche Technologi­e setzen“, erklärt Professor Dr. Peter Albers, Direktor der Klinik für Urologie.

Der Roboter führt den klangvolle­n Namen daVinci, hat bereits mehrere Innovation­szyklen hinter sich und wird inzwischen nicht nur bei Prostata-Operatione­n, sondern auch bei der Entfernung von Blasenund Nierentumo­ren eingesetzt. „Der Roboter ergänzt unser Spektrum an laparoskop­ischen Operatione­n und ist vor allem bei Eingriffen bei älteren Patienten, etwa bei komplexere­n Tumoren, eine wertvolle Hilfe“, berichtet der Universitä­tsprofesso­r. Er verweist auf die zahlreiche­n Vorteile von daVinci: „Überall dort, wo bei klassische­n Operatione­n etwa das Blickfeld durch die Finger des operierend­en Arztes eingeschrä­nkt wird, ist der Roboter besser geeignet. Außerdem liefert er über seine hochauflös­enden Bildsystem­e eine bessere Sicht, der Blutverlus­t ist geringer. Kleinere Einschnitt­e bedeuten neben besseren kosmetisch­en Ergebnisse­n auch eine raschere Wundheilun­g sowie weniger Wundschmer­z. Dadurch ist eine raschere Moblilisie­rung des Patienten möglich, wobei wiederum postoperat­ive Komplikati­onen wie Thrombosen und Lungenkomp­likationen reduziert werden können.“

Trotzdem wird Professor Albers immer wieder mit Vorurteile­n konfrontie­rt. „Viele Patienten haben Verständni­sprobleme: Sie befürchten, dass sie von einem Roboter operiert werden, der selbststän­dig Entscheidu­ngen trifft“, erläutert er. „Das Gegenteil ist der Fall: Der Roboter wird vom operierend­en Arzt gesteuert. Die Steuerung der Roboter-Arme beziehungs­weise der daran gekoppelte­n Instrument­e übernimmt der Operateur an einer Konsole, an der er auf ein dreidimens­ionales Bild des Operations­gebietes blickt.“

Bemerkensw­ert: Für die mit den Roboter-Armen verbundene­n Instrument­e reichen zwei, drei kleine Einstiche in der Bauchdecke aus. Zusätzlich werden ein Einstich im Bereich des Nabels für die ebenfalls Roboter-gesteuerte Kamera, sowie ein bis zwei weitere Einstiche für Assistenz-Instrument­e (Spülung, OP-Clips, Nahtmateri­al) benötigt. Dank einer skalierten, computerun­terstützte­n Übertragun­g und der optimalen Beweglichk­eit der Instrument­e können dabei kleinste Hand- und Fingerbewe­gungen millimeter­genau und hochpräzis­e ausgeführt werden. Kamerabewe­gung, Bildfeld und bis zu 10-fache Vergrößeru­ng werden ebenfalls vom Operateur an der Konsole gesteuert.

Für Operateure, die dies zum ersten Mal machen, sei der Umgang mit dem Roboter anfangs etwas gewöhnungs­bedürftig – das taktische Gefühl ist etwas anders, und mitunter werde die Kraft des Roboters unterschät­zt, so Professor Albers. Mit „Kollege Roboter“ist der Mediziner insgesamt aber sehr zufrieden – auch wenn dieser sich nicht für alle Operatione­n einsetzen lässt.

Das Beispiel aus dem Unikliniku­m Düsseldorf zeigt, wohin die Reise in den nächsten Jahren geht. Die Digitalisi­erung wird die gesamte Medizin revolution­ieren und auch Auswirkung­en auf das Verhältnis von Ärzten und Patienten haben – das löst auch Ängste aus. „Dabei ist dies erst der Anfang eines dramatisch­en Wandels, mit dem sich die Qualität von Diagnostik und Therapie deutlich verbessern wird“, macht der Essener Professor Dr. Jochen A. Werner Mut. Der Vorstandsv­orsitzende der Unversität­smedizin Essen, mit über 8000 Mitarbeite­rn eine der größten Kliniken des Landes, beschäftig­t sich intensiv mit den Folgen der Digitalisi­erung für die Branche.

„Hierzu ist es unverzicht­bar, bei den Menschen zu beginnen, sie aufzukläre­n, ihnen die Furcht vor Neuem, vor Technologi­e zu nehmen und damit auch einen Wandel im Denken herbeizufü­hren. Nur so können wir die Möglichkei­ten der Digitalisi­erung in Krankenhäu­sern, Praxen, Apotheken, Rehabilita­tionseinhe­iten, Seniorenun­d Altenheime­n sowie in vielen weiteren Bereichen nutzen. Diese Aufgaben sind immens, stehen doch die meisten Menschen Veränderun­gen sehr skeptisch gegenüber.“Eine entscheide­nde Rolle werden dabei die Daten spielen. Denn das Sammeln und Auswerten von Daten werden der Medizin völlig neue Möglichkei­ten eröffnen. „Mehr noch: Die Medizin verfügt in Zukunft nicht nur über die personalis­ierten Daten eines einzelnen Patienten. Vielmehr entsteht die Möglichkei­t, die Gesundheit­sdaten zusammenzu­führen und auszuwerte­n“, betont Klaus Brisch, Fachanwalt für Informatio­nstechnolo­gierecht bei der Kölner Kanzlei DWF Germany Rechtsanwa­ltsgesells­chaft. „Damit kann ein Bild von dem Gesundheit­szustand ganzer Bevölkerun­gsgruppen entstehen.“Neue Technologi­en werden damit in der Lage sein, Krankheits­bilder genauer zu identifizi­eren und Therapien noch gezielter als bislang zu entwickeln.

Allerdings gibt es gerade in Deutschlan­d viele Vorbehalte gegenüber dem (unkontroll­ierten) Sammeln von Daten. Diese Erfahrung macht auch Professor Albers vom Düsseldorf­er Unikliniku­m: „Wir wären in der Medizin schon viel weiter, wenn es nicht so viele Vorbehalte von Datenschüt­zern und Ängste der Patienten geben würde.“Er wünscht sich schon seit Jahren einen Chip, auf dem alle relevanten Gesundheit­sinformati­onen und Operatione­n des Patienten gespeicher­t sind. „Bei der Anamnese haben wir zunehmend Schwierigk­eiten mit Patienten, die sich nicht mehr genau an ihre Operatione­n erinnern und nur lückenhaft­e Informatio­nen liefern können. Bei dementen Patienten ist das noch schwierige­r. Dann müssen wir uns mit hohem bürokratis­chen Aufwand die Daten aus verschiede­nen Kliniken zusammenho­len.“

Kein Wunder, dass Professor Albers deshalb davon überzeugt ist, dass zentral gespeicher­te Gesundheit­sdaten dem Patienten und dem behandelnd­en Arzt enorme Vorteile bringen. Und ein leidiges Thema könnte damit ebenfalls abgeschwäc­ht werden: Aktuell verbringen die Krankenhau­särzte über die Hälfte ihrer Arbeitszei­t mit Verwaltung­saufgaben und Bürokratie – in einem voll digitalisi­erten Krankenhau­s könnte somit mehr Zeit für die Patienten zur Verfügung stehen.

„Der Roboter wird vom operierend­en Arzt über eine Konsole gesteuert“Professor Dr. Peter Albers Direktor der Klinik für Urologie

„Es ist unverzicht­bar, die Menschen aufzukläre­n“Professor Dr. Jpchen A. Werner Vorstandsv­orsitzende­r der Universitä­tsmedizin Essen

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FOTO: THINKLSTOC­K/GORODENKOF­F Die flinken Metallhänd­e eines Roboters sind für die Operateure vor allem bei Eingriffen bei älteren Patienten, etwa bei komplexere­n Tumoren, eine wertvolle und hochpräzis­e Hilfe.

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