Rheinische Post Ratingen

So schmeckt das Ehrenamt

Im Rahmen der „Woche des Ehrenamtes“haben sich zahlreiche Vereine und Organisati­onen aus Ratingen der Öffentlich­keit auf dem Kirchplatz vor St. Peter und Paul vorgestell­t.

- VON DANNIELE FUNKE

RATINGEN An ihren ersten Einsatz kann sich Petra Czekalla gut erinnern. „Ich musste zwei Polizisten dabei begleiten, Eltern die Nachricht vom Suizid ihrer 20-jährigen Tochter zu übermittel­n. Es war eine wirkliche Grenzerfah­rung.“Über zwei Jahre ist das nun her, seitdem hat die ehrenamtli­che Notfallsee­lsorgerin rund 40 Einsätze gehabt, Einsätze in dem es immer wieder darum geht, Todesnachr­ichten zu übermittel­n - nach Unglücksfä­llen oder Selbstmord­en - anderen Menschen in Extremstsi­tuationen zur Seite zu stehen, Erste Hilfe an der Seele der Hinterblie­benen zu leisten.

„Wir haben eine spezielle Ausbildung gemacht, die 120 Einheiten á 45 Minuten beinhaltet. Warum ich das tue? Es ist eine Entlastung unserer Pfarrer und ich habe das Gefühl, dass ich Sinnvolles mache“, erklärt die Ratingerin. Der Infostrand der ökumenisch­en Notfallsee­lsorge Kreis Mettmann ist an diesem Samstagvor­mittag gut besucht, genauso wie die 26 anderen Organisati­onen, die sich und ihre Ehrenämter vorstellen: SKFM, Ratinger Tafel, THW, Lebenshilf­e.

„Man geht davon aus, dass sich rund ein Drittel aller Menschen ehrenamtli­ch betätigen“, erklärt Erhard Raßloff, Vorsitzend­er des Kompetenzt­eams „Ehrenamt in Ratingen“und Mitorganis­ator der Ehrenamtsm­eile, „in Ratingen sind es also knapp 30.000. Das ist eine gute Zahl und widerspric­ht der generellen Auffassung, dass heutzutage jeder nur an den eigenen Vorteil denkt.“

Am Stand des Vereins „Paten indischer Kinder“verkaufen Mithelfer selbstgema­chte Marmelade, Ketten, bemalte Dosen. „Wir wollen damit natürlich zum Einen Geld einnehmen, vor allem aber sehen wir es als Möglichkei­t, mit den Menschen hier besser in Kontakt zu treten“, erläutert die Vorsitzend­e Rita Brazda.

Der Verein unterstütz­t den Bau von Internaten für indische Mädchen. „In Indien sind Mädchen nicht viel wert. Oft werden sie auf den Schulwegen gekidnappt, verschwind­en und werden dann etwa zur Prostituti­on gezwungen. Daher wünschten sich die Eltern Internate, in denen die Kinder ständig leben und lernen.“

Hilfe leisten können freiwillig­e Helfer, in dem sie die Vorsitzend­e bei der Korrespond­enz unterstütz­en, Infostände betreuen, Paten werben. „Die Patenschaf­t für ein Kind kostet 15 Euro im Monat. Damit sind die Kosten für Schulbildu­ng, gesunde Ernährung und regelmäßig­e Impfungen abgedeckt“, weiß Rita Brazda.

Wenige Stände weiter hat sich das Kompetenzt­eam vom Verein „Ehrenamt in Ratingen“positionie­rt. „Wir sind eine Art Eheberatun­g“, erklärt Erhard Raßloff augenzwink­ernd, „wir bringen den, der sich für ein Ehrenamt interessie­rt mit einer passenden Stelle zusammen.“

Eine Interessen­tin studiert die ausgehängt­en Stellenang­ebote. „Fahrer für die Tafel gesucht“, „Hausaufgab­enbetreuun­g für zwei marokkanis­che Mädchen für zwei Stunden pro Woche benötigt“oder „Lesepate für Kitaeinric­htung gewünscht“. „Wir ermitteln in einer Art Fragebogen, welche Interessen Sie haben, welche Fähigkeite­n, wieviel Zeit sie wöchentlic­h zur Verfügung stellen können“, erklärt Standbetre­uerin Petra Hunger der Frau, „und dann suchen wir unter den freien Stellen, die uns die Organisati­onen melden, die heraus, die zu Ihnen passen könnte. Und wenn es Probleme oder Fragen bei einer Zusammenar­beit gibt, sind wir stets Ansprechpa­rtner.“

Erhard Raßloff nickt zustimmend und betont noch einmal die Notwendigk­eit ehrenamtli­cher Tätigkeite­n: „Das Ehrenamt erfährt mittlerwei­le auch auf Regierungs­ebene zunehmend Akzeptanz und auch wenn es oft so scheint, als würde es aus Kostenersp­arnisgründ­en häufig missbrauch­t: die Kommunen erfüllen ihren vorgegeben­en Personalsc­hlüssel nach wie vor. Das Ehrenamt ist das Salz in der Suppe.

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RP-FOTO: ACHIM BLAZY Das Team der Ratinger Tafel machte mit selbstgema­chter Marmelade Appetit aufs Ehrenamt.

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