So schmeckt das Ehrenamt
Im Rahmen der „Woche des Ehrenamtes“haben sich zahlreiche Vereine und Organisationen aus Ratingen der Öffentlichkeit auf dem Kirchplatz vor St. Peter und Paul vorgestellt.
RATINGEN An ihren ersten Einsatz kann sich Petra Czekalla gut erinnern. „Ich musste zwei Polizisten dabei begleiten, Eltern die Nachricht vom Suizid ihrer 20-jährigen Tochter zu übermitteln. Es war eine wirkliche Grenzerfahrung.“Über zwei Jahre ist das nun her, seitdem hat die ehrenamtliche Notfallseelsorgerin rund 40 Einsätze gehabt, Einsätze in dem es immer wieder darum geht, Todesnachrichten zu übermitteln - nach Unglücksfällen oder Selbstmorden - anderen Menschen in Extremstsituationen zur Seite zu stehen, Erste Hilfe an der Seele der Hinterbliebenen zu leisten.
„Wir haben eine spezielle Ausbildung gemacht, die 120 Einheiten á 45 Minuten beinhaltet. Warum ich das tue? Es ist eine Entlastung unserer Pfarrer und ich habe das Gefühl, dass ich Sinnvolles mache“, erklärt die Ratingerin. Der Infostrand der ökumenischen Notfallseelsorge Kreis Mettmann ist an diesem Samstagvormittag gut besucht, genauso wie die 26 anderen Organisationen, die sich und ihre Ehrenämter vorstellen: SKFM, Ratinger Tafel, THW, Lebenshilfe.
„Man geht davon aus, dass sich rund ein Drittel aller Menschen ehrenamtlich betätigen“, erklärt Erhard Raßloff, Vorsitzender des Kompetenzteams „Ehrenamt in Ratingen“und Mitorganisator der Ehrenamtsmeile, „in Ratingen sind es also knapp 30.000. Das ist eine gute Zahl und widerspricht der generellen Auffassung, dass heutzutage jeder nur an den eigenen Vorteil denkt.“
Am Stand des Vereins „Paten indischer Kinder“verkaufen Mithelfer selbstgemachte Marmelade, Ketten, bemalte Dosen. „Wir wollen damit natürlich zum Einen Geld einnehmen, vor allem aber sehen wir es als Möglichkeit, mit den Menschen hier besser in Kontakt zu treten“, erläutert die Vorsitzende Rita Brazda.
Der Verein unterstützt den Bau von Internaten für indische Mädchen. „In Indien sind Mädchen nicht viel wert. Oft werden sie auf den Schulwegen gekidnappt, verschwinden und werden dann etwa zur Prostitution gezwungen. Daher wünschten sich die Eltern Internate, in denen die Kinder ständig leben und lernen.“
Hilfe leisten können freiwillige Helfer, in dem sie die Vorsitzende bei der Korrespondenz unterstützen, Infostände betreuen, Paten werben. „Die Patenschaft für ein Kind kostet 15 Euro im Monat. Damit sind die Kosten für Schulbildung, gesunde Ernährung und regelmäßige Impfungen abgedeckt“, weiß Rita Brazda.
Wenige Stände weiter hat sich das Kompetenzteam vom Verein „Ehrenamt in Ratingen“positioniert. „Wir sind eine Art Eheberatung“, erklärt Erhard Raßloff augenzwinkernd, „wir bringen den, der sich für ein Ehrenamt interessiert mit einer passenden Stelle zusammen.“
Eine Interessentin studiert die ausgehängten Stellenangebote. „Fahrer für die Tafel gesucht“, „Hausaufgabenbetreuung für zwei marokkanische Mädchen für zwei Stunden pro Woche benötigt“oder „Lesepate für Kitaeinrichtung gewünscht“. „Wir ermitteln in einer Art Fragebogen, welche Interessen Sie haben, welche Fähigkeiten, wieviel Zeit sie wöchentlich zur Verfügung stellen können“, erklärt Standbetreuerin Petra Hunger der Frau, „und dann suchen wir unter den freien Stellen, die uns die Organisationen melden, die heraus, die zu Ihnen passen könnte. Und wenn es Probleme oder Fragen bei einer Zusammenarbeit gibt, sind wir stets Ansprechpartner.“
Erhard Raßloff nickt zustimmend und betont noch einmal die Notwendigkeit ehrenamtlicher Tätigkeiten: „Das Ehrenamt erfährt mittlerweile auch auf Regierungsebene zunehmend Akzeptanz und auch wenn es oft so scheint, als würde es aus Kostenersparnisgründen häufig missbraucht: die Kommunen erfüllen ihren vorgegebenen Personalschlüssel nach wie vor. Das Ehrenamt ist das Salz in der Suppe.