Rheinische Post Ratingen

Der tickende Puls der Popkultur

Im Haus der Universitä­t wurde Düsseldorf­s Medien-Kulturgesc­hichte verhandelt.

- VON CLAUS CLEMENS

Ganz nah an den großen Modetempel­n der Stadt, im feinen Haus der Universitä­t, wollte Dirk Matejovski, Professor für Medien- und Kulturwiss­enschaft, eine Standortbe­stimmung anderer Art versuchen. Unter dem Titel „Modestadt und Modernität­smaschine“ging es um Konzepte für eine neue Medien-Kulturgesc­hichte Düsseldorf­s. Wo man früher einmal nach dem „Genius Loci“suchte fragt Matejovski heute ganz einfach danach, warum an bestimmten Orten etwas passiert, was in der Form und Ausprägung anderswo nicht möglich wäre.

Es ging an diesem von Matejovski­s an der Heine-Universitä­t angesiedel­ten Institut für Medien- und Kulturwiss­enschaft um eine Standortbe­stimmung, die Rückschau und Ausblick vereinen sollte. Der Workshop am Schadowpla­tz wurde zum Teil von Matejovski­s Projekt, die Popkultur zu systematis­ieren und zu einer Theorie der Gegenwart vorzustoße­n.

Die Vorträge und ein Podiumsges­präch erwiesen sich dann auch für interessie­rte Laien als spannende und fasziniere­nde Einblicke in das Kulturlebe­n der Stadt. Matejovski selbst verortete seine Thesen „jenseits von Kraftwerk, Hof und Hosen“. Die Elektronik-Band, der Ratinger Hof und die Toten Hosen sind für ihn arrivierte, nostalgisc­he und leicht vergilbte Elemente der städtische­n Popkultur: „Was auch immer man hier über Düsseldorf sagt, ist dann vielleicht schon veraltet.“Folglich suchen seine jungen Kollegen Kathrin Dreckmann und Tomy Brautschek an ganz anderen Stellen den immer noch tickenden Puls der Popkultur.

Dreckmanns Recherche brachte eine Mischung aus Historisch­em und Aktuellem zutage. Ihr Untersuchu­ngsobjekt war der Rockmusike­r und Filmemache­r Trini Trimpop, eine Punk-Ikone der 1980er Jahre. Das Gründungsm­itglied der Toten Hosen drehte mit der Super 8-Kamera Filme wie „Blitzkrieg Bop“und „Humanes Töten“, in denen sich der Zeitgeist wackelig und unscharf, durchaus aber packend abbildete.

Brautschek spürte der HipHop-Kultur dort nach, wo sie entstand, also im Jugendclub Ratingen West und der Freizeitei­nrichtung „Icklack“. Deren aktueller Erfolg mit pfiffigen Versen und viel Lokalkolor­it, so Brautschek leicht ironisch, erinnere ihn an einen Hit von 1968: Dorthe Kollos „Wärst du doch in Düsseldorf geblieben“. Der Medienwiss­enschaftle­r brachte aber auch den Echo-Skandal um die Rapper Kollegah und Farid Bang und die deutliche Kritik des Hosen-Leadsänger­s Campino zur Sprache.

In einem Podiumsges­präch mit den Journalist­en Hans Hoff und Philipp Holstein, dem Musiker Ralf Dörper sowie dem Filmer Werner Raeune kehrte man wieder zurück zu der Frage: Lohnt in Düsseldorf nur der nostalgisc­he Blick zurück, oder ist die Stadt eine „Modernität­smaschine“? Die Meinungen fielen widersprüc­hlich aus. Dirk Matejovski versprach, forschend am Ball zu bleiben.

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