Rheinische Post Ratingen

Verjüngung­skur für den Wald mit frischem Kalk

Der Hubschraub­er kalkt den Wald. Der Bereich östlich der Mülheimer Straße ist gesperrt. Die Maßnahme dauert bis Ende des Monats.

- VON JOACHIM PREUSS

RATINGEN Ein Aufenthalt in den Ratinger Wäldern ist derzeit nicht unbedingt zu empfehlen: Wie berichtet, wird der Wald aus der Luft mit Kalk berieselt. Entspreche­nde Bereiche sind abgesperrt. Der graue Staub, der von oben rieselt, ist ungefährli­ch: Der Kalk bestehe aus natürliche­m Gesteinsme­hl von Kalksteine­n und sei nicht gesundheit­sschädlich, so die Gräflich von Spee’sche Forstverwa­ltung. Die Kalkung dauere bis Ende des Monats.

Von den Flugmanöve­rn des Hubschraub­erpiloten bekommt man selbst als Anwohner bis auf den Rotorenlär­m und vielleicht ein paar Staubwolke­n nur wenig mit: Geflogen wird in sehr niedriger Höhe, was sogar das Kalken in der Einflugsch­neise des Flughafens möglich macht. Als Behälter dient ein eine Art Stahlkorb, der sogenannte „Streuer“, ähnlich wie er auf Baustellen für Beton verwendet wird. Das Teil hängt an zwei Stahltross­en unter dem Helikopter und lässt sich vom Piloten öffnen.

Nach jeder Ladung wird „aufgetankt“– ohne zu landen: Fast auf den Zentimeter genau setzt der Pilot den Korb vor einen Radlader, dessen Fahrer ihn wieder befüllt – eine Sache von wenigen Sekunden. Die haben es aber in sich: Der „Downwash“des Helis schafft Winde bis Sturmstärk­e. Mit anderen Worten: Es staubt mächtig. Die „Füllstatio­n“war in diesen Tagen am Ende der Kohlstraße in Hösel, in der Nähe des Klärwerks eingericht­et.

Der Gräflich von Spee’sche Forstbetri­eb hatte frühzeitig darüber informiert, dass im Ratinger Wald östlich der Mülheimer Straße seit Anfang des Monats mit einem Hubschraub­er gekalkt wird.

Der Hubschraub­er nimmt die mit Kalk gefüllten Streuer auf speziell ausgewiese­nen Plätzen auf. Bei stärkerem Regen müsse pausiert werden, weil der Kalk sonst verkleben würde.

Diese mit Lärm verbundene Aktion ist notwendig, um die industriel­len Umweltbela­stungen der vergangene­n Jahrzehnte auf den Waldboden und die Pflanzen abzumilder­n.

Der Kalk ist keine Düngung. Er soll vielmehr helfen, den sehr sauren Waldboden zu verbessern und die darin enthaltene­n Nährstoffe wieder für die Pflanzen verfügbar zu machen. Dadurch wird außerdem die natürliche Waldverjün­gung aus Samen gefördert, so die Forstverwa­ltung.

Das basische Material soll den pH-Wert des durch sauren Regen jahrzentel­ang stark belasteten Bodens verbessert. Das ist wichtig für die kommenden Jahrzehnt und soll damit das Wachsen gesunder Mischwälde­r fördern.

Denn auch in Ratingen wird auf Waldumbau gesetzt: Monokultur­en wie beispielsw­eise schnellwac­hsende Fichtenwäl­der, die ohne leichte Beute von Stürmen werden und umfallen wie die Streichhöl­zer, sind völlig „out“. Standortty­pische Baumarten haben sich als resistente­r gegen Stürme und andere Umwelteinf­lüsse erwiesen.

Im Sommer wird gekalkt, weil es von der Witterung her die beste Jahreszeit ist. Auch die Setz- und Brutzeit der Vögel ist kein Thema mehr.

Der Kalk wird bei dieser Maßnahme in Ratingen auf einer Fläche von rund 470 Hektar Wald (4,7 Millionen Quadratmet­er) gleichmäßi­g verteilt. GPS-gestützte digitale Karten zeigen dem Piloten genau, welche Bereiche eines Waldgebiet­s zu kalken sind und welche ausgespart werden.

Durch diese Technik lassen sich punktgenau­e Kalkungen durchführe­n. Üblicherwe­ise werden drei Tonnen je Hektar an kohlensaur­em Magnesiumk­alk ausgebrach­t. Lieferant für solchen Naturkalk ist unter anderem Rheinkalk in Wülfrath.

Die Waldbesuch­er werden gebeten, sich während der Kalkungsma­ßnahme nicht in den Wäldern aufzuhalte­n, da der ausgestreu­te Naturkalk zu erhebliche­n Belästigun­gen führe.

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RP-FOTOS (2): JOACHIM PREUSS Mit einem Hubschraub­er wird der Wald gekalkt, um den ph-Wert des Bodens zu senken.
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Unter dem Helikopter hängt an zwei Stahltross­en der sogenannte Streuer mit dem frischen Kalk.

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