Sie ist die Meisterin der Torten
Konditorin Martina Vogt setzt bei den Zutaten für ihre süßen Sachen vor allem auf Produkte aus der Stadt: „Nur so können wir alle dafür sorgen, dass Ratingen weiterhin blüht.“
RATINGEN Als Kaiserin Maria Theresia die erste Zuckerbäckerinnung in Innsbruck zuließ, wurde das Handwerk Zuckerbäcker in Konditor umbenannt. Das war zum Ende des 18. Jahrhunderts und damit zu einer Zeit, in der das köstliche Naschwerk ebenso wenig überwiegend der Ernährung als vielmehr der Freude diente. Wie heute. Nicht umsonst hat Martina Vogt in ihrer Konditorei auf eine Tafel geschrieben, dass Kuchen glücklich macht.
Noch zehnmal schlafen, und sie kann ihren Geburtstag feiern. Ob sie allerdings eine Torte zum 48. bekommt, verrät sie nicht – sie wird es schon regeln. Sie ist die Frau, die anpackt, kompromisslos, ungerührt, zielgerichtet. Auch mit Herz. Sie ist Handwerkerin, Kauffrau und alles auch mit politischem Anspruch – fünf Jahre war sie im Stadtrat für die Bürger-Union.
Sie hat ihre Grundsätze und zieht sie durch: „Was irgend möglich ist, wird in Ratingen gekauft: „Nur so können wir alle dafür sorgen, dass Ratingen weiterhin blüht.“
Kinder sollten zu Hause erzogen werden und nicht in einem Café 200 Mal zwischen Tisch und Tür hin und her rennen: „Sie können sich verletzen, die anderen Gäste wollen sicher in Ruhe ihren Kaffee genießen.“Sie backt täglich jede Torte nur einmal. „Dann gibt es immer frische Sachen.“
Das hat was und bringt sogar ihre Schwiegermutter Christel Vogt, Vorgängerin an selber Stelle, zur liebevollen Aussage. „Die Martina ist bejahend, lieb und gut.“Und das will schließlich auch was heißen.
Die so freundlich Beschriebene kommt aus Einbeck, aus einer Bäckerei, der Bruder war Bäcker. Martina machte eine Lehre in Göttingen und ging später, aber schon mit 24 Jahren, auf die Meisterschule für Konditoren in Iserlohn.
Dort lernte sie Rainer Vogt kennen und rasch lieben. Drei große Kinder können sich im nächsten Jahr in die Gratulantenschar zur Silberhochzeit einreihen, wie man so nett sagt. Es sieht allerdings nicht so aus, als wenn die nächste Konditoren-Generation schon in den Startlöchern wartete; Tochter und die beiden Söhne waren völlig frei in ihrer Berufswahl.
Das mit Liebe, Akribie und von Hand gemachte Sortiment ist irgendwie nostalgisch: Butter ist hier Butter und nichts Kalorienreduziertes, Zucker ist Zucker und Sahne ist Sahne. Und alles isst man vornehmlich und mit Genuss an den Tagen, an denen Kuchen und Torten glücklich machen.
Zwar können durch die Industrie in kürzerer Zeit viel höhere Massen an Produkten hergestellt werden, die dann hundertprozentig gleich schmecken. Aber dennoch müssen die Arbeitsvorgänge und Rohstoffe an die Maschinen angepasst werden, um optimale Abläufe zu garantieren. Deshalb können bestimmte Arbeitstechniken oder Rohstoffzusammenstellungen in der Industrie nicht angewandt werden. Auch der Geschmack ist anders. Und in die Bresche springt Martina Vogt. Sie kennt also jedes leckere Produkt in der Theke oder auf dem Teller persönlich.
Eine Konditorin ist eine Handwerkerin, die sich auf die Erstellung von Feinbackwerk spezialisiert hat. Die Herstellung von Torten, Kuchen und Speiseeis gehört ebenso zu ihren Tätigkeiten wie die von Teegebäck, Pralinen, Hohlfiguren, gefüllten Teilen, Konfekt und kandierten Früchten.
Auch Dekorarbeiten aus Marzipan, Schokolade und Zucker sind ihr Spezialgebiet. Sie fertigt sogar Torten mit Fotos – dann kann man zum Beispiel das Brautpaar, auf Esspapier übertragen, mit der Hochzeitstorte verspeisen. Kommt daher der Spruch, dass man jemanden zum Fressen gern hat?
Die große Show ist dieser Frau wirklich fern, die Liebe zum Detail nicht. So hat sie einmal Geschirr anfertigen lassen, auf dem die Front des Hauses und der davor stehende Baum zu erkennen sind. Es ist ein städtischer Baum. „Aber er gehört zu uns“, sagt sie.