Düsseldorf-Festival: HipHop auf Arabisch
Die Bühne ist in das Schummerlicht marokkanischer Lampen getaucht, am Rand liegen Kissen und überall stehen Schuhe herum, die auf ihre Besitzer warten. Doch die tanzen erst einmal barfuß zu den Klängen arabischer Saiteninstrumente, gepaart mit den Musette-Tönen eines Akkordeons – und läuten so schlicht einen Abend ein, der den Zuschauern schließlich durch die Energie und das Tempo der Akteure den Atem nimmt.
Das kennen viele schon von Kader Attou, denn der Spezialist des französischen HipHop ist ein gern gesehener Gast des Düsseldorf-Festivals. In der neuen Produktion „Danser Casa“widmen er und Mourad Merzouki, Direktor der Compagnie Käfig, sich als künstlerische Leiter der marokkanischen Tanzszene, die sich in Casablanca konzentriert. Die acht Tänzer, unter denen sich eine schwarze Frau bewegt, setzen das im Festivalzelt kraftvoll und heftig in Szene: Wie durch ein Brennglas betrachtet das Publikum das Treiben athletischer Straßengangs, die unglaublich vielfältig ihre Emotionen körperlich ausdrücken können: auf dem Boden kreiselnd, um sich selbst drehend, im Flickflack oder in Wellenbewegungen – alles scheint denkbar, in der Gruppe ebenso wie einzeln. Menschenknäuel bilden und entwirren sich auf wundersame Weise, kaum ersichtlich, wie aus dem scheinbaren Durcheinander der Arme und Beine wieder Harmonie entsteht.
Immer wieder geht es darum, dass einer oder eben die eine aus der Gruppe ausgegrenzt, aber auch wieder aufgefangen und nicht aus dem Kreis der anderen herausgelassen wird. Obwohl er oder sie alles daran setzt, zu entkommen. Man fühlt sich an die arabischen Männer erinnert, die in den Cafés sitzen und endlos miteinander reden, während die Shishas qualmen: Diese Art von Freundschaften und Bündnissen, in denen die Einzelnen einander nahekommen, sich aber auch untereinander messen und gegeneinander antreten; einander aber auch respektieren, wieder zusammenfinden und aufeinander bauen – all das setzen die Tänzer in unterschiedlichen Stilen und mit sehr wenigen Accessoires auf der Bühne um. Dabei stehen die Füße immer wieder im Mittelpunkt, entweder nackt oder mit Schuhen versehen, deren Sohlen leuchten. Das innere Leuchten der Truppe kommt dann in der Zugabe zum Tragen, wenn sich alle völlig unbeschwert und unter heftigem Beifall bewegen.