Rheinische Post Ratingen

Theater beschwört Geister

Lukas Matthaei zeigte im FFT sein Stück „Save The Last Trance For Me“.

- VON CLEMENS HENLE

Mit „Save The Last Trance For Me“legte am Freitag im FFT der Regisseur Lukas Matthaei seine zweite Arbeit zur marokkanis­chen Kultur vor. Was im ersten Teil „Songbook Oberbilk“noch als app-basierter Rundgang durch das marokkanis­che Viertel unweit des Düsseldorf­er Hauptbahnh­ofes konzipiert war, gestaltet Matthaei nun als Lecture Performanc­e über Trance-Rituale und Geisterbes­chwörungen in der marokkanis­chen Kultur. Dafür baut er die Bühne zu einem gemütliche­n Hörsaal um, beim Eintreten werden – ganz nach marokkanis­cher Sitte – die Schuhe ausgezogen, bevor man es sich auf dem mit Teppich bezogenen Bühnenbode­n gemütlich macht.

Die Kehrtwende von der Beschäftig­ung mit urbanen Landschaft­en hin zur Recherche über islamische Geister erklärt Matthaei, der unterhalts­am durch den Abend führt, mit einigen Todesfälle­n in seiner persönlich­en Umgebung und vor allem mit der Erkrankung seiner Tante. In einem Interviewa­usschnitt erzählt die 80-Jährige, dass es für ihren Tremor keine medikament­öse Heilung gebe. So bleibt Matthaei nur die Transforma­tion des bösen Geistes, der die Tante befallen hat, in einen guten Dschinn. „Zur Heilung meiner Tante brauche ich eure Hilfe“, sagt er dann mit einem Augenzwink­ern. Dafür spannt er das Publikum ein, das sich durch Kopfwackel­n in einen Trancezust­and begeben soll, damit der Dschinn transformi­ert werden kann. Im weiteren Verlauf des Stückes führt Matthaei den Trance-Tanz dann immer wieder auf und lässt sich anschließe­nd erschöpft auf den Boden fallen.

Doch die Geschichte um seine kranke Tante ist nur das Vehikel, worauf der Untertitel des Stückes „Wie der Tremor meiner Tante unsere Innenstädt­e retten wird“hindeutet, um einen ungeordnet­en, aber spannenden Parforceri­tt durch die marokkanis­che Kultur und Geschichte zu unternehme­n. Dabei werden die Themen Migration, Kolonialis­mus und natürlich die allgegenwä­rtigen Geister angeschnit­ten. Umgesetzt wird diese Mischung aus Vorlesung und theatraler Inszenieru­ng mit viel Multimedia. Videos werden auf Stoffe projiziert und Interviewa­usschnitte, die im Rahmen der Recherchea­rbeit zu dem Stück entstanden sind, eingespiel­t. Daneben manipulier­t Matthaei die projiziert­en Bilder immer wieder mit Taschenlam­pen – eine Technik, die der belgisch-marokkanis­che Videokünst­ler Yacine Sebti für das Stück entwickelt hat. Neben Sebti wirkt auch der aus Casablanca stammende Tonkünstle­r und Musikprodu­zent Abdellah Hassak an der Produktion mit.

Zum Schluss kann die Tante natürlich nicht geheilt werden, aber die Zuschauer verlassen das FFT in dem Wissen, dass einige Geister ihnen sicher wohlgesonn­ener gegenübert­reten.

 ?? FOTO: CHRISTIAN HERRMANN ?? Szene aus „Save The Last Trance For Me“.
FOTO: CHRISTIAN HERRMANN Szene aus „Save The Last Trance For Me“.

Newspapers in German

Newspapers from Germany