Rheinische Post Ratingen

Erntedank ist ein Auftrag

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Es ist wieder Erntedankz­eit. Auf dem Land wird die Tradition ebenso hochgehalt­en wie in den Kirchen. Am Erntedanks­onntag ist der Altar als Dank an den Schöpfer mit Obst, Gemüse und Kartoffeln geschmückt. Die so präsentier­ten Früchte werden nicht wie in früheren Jahrtausen­den Gott geopfert, sondern nach dem Gottesdien­st an Menschen verschenkt, die sonst zu wenig haben. Der heiße Sommer hat in diesem Jahr manche Ernte deutlich geringer ausfallen lassen. Deshalb ist den betroffene­n Bauern wahrschein­lich weniger nach Danken zumute, viele haben Existenzän­gste. Die Apfelernte hingegen war zumindest im Ratinger Umfeld gigantisch: Allein von den beiden Bäumen im Kirchgarte­n der Stadtkirch­e konnten in diesem Jahr über 50 kg Äpfel gepflückt und aufgelesen werden. Sie sind bei einer Mosterei gelandet, weil es uns wichtig ist, dass Lebensmitt­el nicht verderben oder auf dem Müll landen. Denn das ist ein großes Fragezeich­en hinter allen Erntedankf­eiern und -gottesdien­sten hierzuland­e: Jedes Jahr werden in Deutschlan­d 18 Mio. Tonnen Lebensmitt­el weggeworfe­n. Die Menge kann man sich gar nicht vorstellen: Das ist so, als ob jeder in Deutschlan­d Tag für Tag eine normale Packung Nudeln, ein halbes Kilogramm, einfach so in den Müll wirft. Manches davon landet wenigstens bei der „Tafel“, die auch in Ratingen bedürftige Menschen mit guten Lebensmitt­eln versorgt. Wer einmal bei einer Tafel hinter die Kulissen schaut, bekommt einen Eindruck, welche Massen von Lebensmitt­eln bei uns letztendli­ch für den Müll produziert werden.

Das sind richtig gute Sachen, bei denen nur das Haltbarkei­tsdatum zu nah, die Schale etwas zu braun oder das Brot vom Vortag ist. Dank des Einsatzes von ehrenamtli­chen Mitarbeite­rinnen und Mitarbeite­rn kommt etwas von diesen Lebensmitt­eln bei denjenigen an, denen das tägliche Brot fehlt. So ist mit dem Erntedankf­est heutzutage ein doppelter Auftrag verbunden: Achtsam mit Lebensmitt­eln umzugehen und mit dafür zu sorgen, dass keinem Menschen das tägliche Brot fehlt.

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ARCHIVFOTO: ABZ Gert Ulrich Brinkmann, Pfarrer evangelisc­he Stadtkirch­e.

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