Das VW der Internetkonzerne
Facebook liefert einen neuen Datenskandal, wir begegnen ihm mit Gleichgültigkeit.
Stell dir vor, Facebook erlebt den größten Hackerangriff seiner Geschichte, und alle sagen: Tja. Bemerkenswert, wie schnell wir uns an Datenskandale gewöhnt haben. Erinnern Sie sich noch, wie groß das Geschrei um Google Streetview vor zehn Jahren war? So irrational unsere Angst damals war vor dem vergleichsweise harmlosen Abfotografieren von Hausfassaden, so irrational ist heute unsere Gleichgültigkeit gegenüber millionenfachem Diebstahl intimster Daten. Mindestens 50 Millionen betroffene Nutzerkonten. Schon wieder. Und Folgeschäden, die noch nicht einmal Facebook selbst beziffern kann. Denn unser Facebook-Konto dient auch als Schlüsselbund für weitere Apps und Dienste, die ihrerseits Daten über uns gespeichert haben, Kreditkarteninformationen etwa, Fitnessoder Bewegungsprofile. Wie skrupellos das Unternehmen mit unseren Daten hantiert, ist kein Zufall sondern hat System. Etwa wenn das Netzwerk „aus Sicherheitsgründen“unsere Mobilfunknummer abfragt, um diese später, wie wir seit letzter Woche wissen, an Werbetreibende zu verkaufen. Facebook, dieser blaue Riese, entwickelt sich immer mehr zum VW des World Wide Webs. Betrugssoftware, Sicherheitslücken, die von Gangstern wie Geheimdiensten gleichermaßen ausgenutzt werden. Es darf nicht sein, dass Datenschutzskandale zur Normalität werden, dass wir uns an Datenlecks gewöhnen, wie an Smog und havarierte Öltanker. Mit Datenschutz in der digitalen Sphäre verhält es sich wie mit dem Umweltschutz in der physischen Welt. Die Rechnung für laxen Umgang damit werden eines Tages alle bezahlen. Oder könnten Sie sich eine Welt vorstellen, in der Behörden, Versicherungen, Staatsoberhäupter wie Recep Erdogan, Viktor Orbán oder Donald Trump freien Zugang auf Ihre E-Mails, WhatsApp-Nachrichten oder Gesundheitsdaten haben?