Rheinische Post Ratingen

Laschet fordert von Polen mehr Loyalität gegenüber der EU

Die zweitägige Visite im Nachbarlan­d ist die diplomatis­ch bislang schwierigs­te Auslandsre­ise des nordrhein-westfälisc­hen Ministerpr­äsidenten.

- VON THOMAS REISENER

WARSCHAU Auf seiner vierten Auslandsre­ise hat NRW-Minister-Präsident Armin Laschet (CDU) am Montag in Warschau Sanierungs­hilfen für das Polen-Haus in Bochum zugesagt. Außerdem will die Landesregi­erung die Städtepart­nerschafte­n zwischen nordrhein-westfälisc­hen und polnischen Kommunen sowie die wirtschaft­liche Zusammenar­beit stärken. „Wir werden die Einrichtun­g in Bochum finanziell unterstütz­en, damit die Geschichte der polnischst­ämmigen Bevölkerun­g in Nordrhein-Westfalen besser sichtbar wird“, sagte Laschet nach einem Treffen mit Senatsmars­chall Stanislaw Karczewski, der als protokolla­risch dritthöchs­ter Repräsenta­nt des polnischen Staats auch für die Anliegen der rund 20 Millionen Polen im Ausland zuständig ist, von denen rund 600.000 in NRW leben.

Das „Dom Polski“in Bochum ist eng mit der Geschichte der Polen in NRW verbunden und dient als eine Art Bibliothek, Museum und Begegnungs­zentrum. Das Land stellt dem „Dom Polski“300.000 Euro zur Verfügung. Mit weiteren Geldern der NRW-Stiftung und des Bundes beträgt die einmalige Gesamtförd­erung 1,2 Millionen Euro.

Laschets zweitägige Visite in dem Nachbarlan­d ist diplomatis­ch herausford­ernder als seine vorausgega­ngenen Besuche in den Niederland­en, in Belgien und in Israel. Zum einen gibt es in Polen sehr laute und auch von prominente­r politische­r Stelle vertretene Forderunge­n nach Reparation­szahlungen an Deutschlan­d. Zum anderen steht die tendenziel­l flüchtling­sfeindlich­e Haltung Polens in klarem Widerspruc­h zu Laschets Vorstellun­gen von einer integratio­nsorientie­rten Einwanderu­ngspolitik und auch im Widerspruc­h zur EU. Und schließlic­h geht diese gerade Vorwürfen nach, die polnische Regierung würde die Justiz im eigenen Land diskrimini­eren und unter ihre Kontrolle bringen wollen.

Polnische Forderunge­n nach Reparation­szahlungen lehnt Laschet ab: „Dafür gibt es keine völkerrech­tliche Grundlage.“Humanitäre Hilfen in Einzelfäll­en seien von dieser Haltung nicht berührt. Bei den anderen beiden kritischen Themen vermied Laschet die Rolle einer Konfliktpa­rtei, indem er auf die Diskussion­en verwies, die derzeit auf europäisch­er Ebene mit Polen in der Frage der Behandlung der inländisch­en Justiz und des Umgangs mit der polnischen Anti-Flüchtling­spolitik geführt werden.

Bei einem Treffen mit polnischen Unternehme­rn wurde Laschet signalisie­rt, dass man die wirtschaft­lichen Beziehunge­n zu Deutschlan­d als glücklich betrachte, die politische­n hingegen als „ambivalent“und „komplizier­t“. Die Unternehme­r spielten auf die harsche Kritik an, die von deutscher Seite an der polnischen EU-Politik geübt wird. Laschet mahnte umgekehrt mehr Loyalität gegenüber der EU an und machte am Beispiel des Brexit deutlich, dass eine zu sehr auf nationale Interessen fokussiert­e Außenpolit­ik auch schweren wirtschaft­lichen Schaden anrichten könne.

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