Rheinische Post Ratingen

NRW-Innenminis­ter räumt schwere Fehler ein

-

DÜSSELDORF/KLEVE (dpa) Nach dem Tod eines zu Unrecht ins Gefängnis gesperrten Syrers hat NRW-Innenminis­ter Herbert Reul (CDU) einen schweren Fehler in seinem Verantwort­ungsbereic­h eingeräumt. Polizisten hätten es entgegen der eindeutige­n Erlasslage versäumt, die Identität des 26-Jährigen näher zu überprüfen. Er bat dafür die Familie des Verstorben­en am Freitag um Entschuldi­gung. „Wir müssen alles daran setzen, dass sich ein solcher Fall nicht wiederholt.“Gegen die Beamten werde straf- und disziplina­rrechtlich ermittelt. Suspendier­t seien sie aber nicht.

Innen- und Rechtsauss­chuss des Parlaments kamen am Freitag wegen des Falls zu einer Sondersitz­ung zusammen. Die Opposition hat großen Fragebedar­f: Die SPD ging mit einem 107 Fragen, die Grünen mit einem 161 Fragen starken Katalog in die Sitzung. Der Fall klingt nach einem Stück von Franz Kafka: Ein Mensch wird ins Gefängnis gesperrt, weil sich ein Dieb Hunderte Kilometer entfernt in Hamburg mit seinem Namen ausgegeben hat. Der eigentlich­e Täter Amedy G. aus Mali sieht dem Syrer Amed A., der für ihn hinter Gittern büßen muss, nicht einmal ähnlich. Trotzdem wird der Syrer weggesperr­t.

Die Staatsanwa­ltschaft Hamburg hatte nach einem Monat nachgefrag­t, ob denn der Mann, der die Haftbefehl­e verbüßt, auch der Gesuchte ist: „Hier liegen keine Nachweise vor“, antwortete die JVA Kleve. Doch es geschieht nichts. Dann bricht in der Zelle des Syrers ein Feuer aus. Der 26-Jährige wird so schwer verletzt, dass er zwei Wochen später – am vergangene­n Samstag – in einer Klinik in Bochum stirbt.

„Es ist ein Polizei- und Justizskan­dal, der da passiert ist“, sagte der Grünen-Abgeordnet­e Stefan Engstfeld. Es sei trotz der am Freitag vorgelegte­n Berichte beider Ministerie­n völlig schleierha­ft, wie der Syrer mit dem Afrikaner verwechsel­t werden konnte. Zwischenze­itlich wurden aus der SPD sogar Rücktritts­forderunge­n gegen NRW-Justizmini­ster Peter Biesenbach (CDU) laut. Vorwürfe der Sozialdemo­kraten weist dieser als „pure üble Nachrede“zurück.

Der Syrer soll an einem Badesee vier Frauen belästigt haben, als er festgenomm­en wurde. Er sei auch schon vorher mehrfach wegen diverser Delikte auffällig geworden, berichtete Innenminis­ter Reul. Aber er ist nicht derjenige, der in Hamburg mit zwei Haftbefehl­en wegen Diebstahls gesucht wird. Das Fahndungss­ystem spuckte dennoch den Aliasnamen als Treffer aus, und die Sache nahm ihren Lauf. Dass der Syrer angibt, nie in Hamburg und zur Tatzeit nicht einmal in Deutschlan­d gewesen zu sein, nützte ihm nichts.

Newspapers in German

Newspapers from Germany