Rheinische Post Ratingen

CSU droht Debakel

Paul Ziemiak, Chef der Jungen Union, ist alarmiert. Von Angela Merkel erwartet er „keine Worthülsen“.

- VON KRISTINA DUNZ

KIEL Unter dem Eindruck des drohenden Wahldesast­ers der CSU bei der bayerische­n Landtagswa­hl haben führende CDU-Politiker die Union eindringli­ch zur Umkehr aufgerufen. „So kann es nicht weitergehe­n“, mahnte der Vorsitzend­e der Jungen Union (JU), Paul Ziemiak, am Freitag in Kiel vor Beginn des dreitägige­n sogenannte­n Deutschlan­dtages der Jugendorga­nisation von CDU und CSU.

Der Streit der Koalition im Bund, die nur um sich selbst zu kreisen scheine, habe den Parteien in den Wahlkämpfe­n für die Landtagswa­hl in Bayern am 14. Oktober und in Hessen am 28. Oktober keinen Rückenwind gegeben. Jetzt gelte „volle Konzentrat­ion auf die Landespoli­tik“. Die Bilanz von CDU und CSU in den beiden Ländern sei gut. Normalerwe­ise müssten Mütterpart­eien ihren Parteinach­wuchs zur Sacharbeit ermahnen. In der Union sei das derzeit umgekehrt, sagte Ziemiak. Die JU sei „die Klammer für CDU und CSU“.

Der 33-Jährige wurde am späten Freitagabe­nd mit 91,1 Prozent wiedergewä­hlt. Das ist das bisher beste Ergebnis des seit 2014 amtierende­n Vorsitzend­en – und nach JU-Angaben auch das jemals beste Ergebnis, das ein JU-Chef erhalten hat.

Schleswig-Holsteins Ministerpr­äsident Daniel Günther (CDU) stützte Ziemiaks Kritik an der Bundesregi­erung. Es stimme ein Stück weit, dass sie „versetzung­sgefährdet“sei und nicht die richtigen Prioritäte­n setze, sagte Günther. Er forderte alle Politiker auf, sich weniger bei Empfängen und mehr bei den Bürgern aufzuhalte­n. Auch NRW-Ministerpr­äsident Armin Laschet forderte: „Es muss jetzt Schluss sein mit dem Theater in Berlin.“

Zu dem Kongress mit rund 300 Delegierte­n und mehreren Hundert Gästen reist fast die gesamte Führungssp­itze der beiden Schwesterp­arteien an. Zum Auftakt trat der in Deutschlan­d zum Teil umstritten­e US-Botschafte­r Richard Grenell auf. In dem angespannt­en deutsch-amerikanis­chen Verhältnis bemühte er sich um versöhnlic­he Töne. Deutschlan­d und die USA stünden auf derselben Seite. Und gute Beziehunge­n zeichneten sich dadurch aus, dass an den Unterschie­den gearbeitet werde. Grenell wich aber nicht von provoziere­nden Positionen des US-Präsidente­n Donald Trump ab.

CDU-Chefin und Bundeskanz­lerin Angela Merkel wird am Samstag auftreten. Ziemiak kündigte kritische Auseinande­rsetzungen mit allen Gastredner­n an. Zur Aufgabe Merkels sagte er: „Wer Bundeskanz­ler sein möchte, muss auch immer bereit sein, dieses Land in die Zukunft zu führen.“Das gehe nicht mit „leeren Worthülsen“.

Der JU-Vorsitzend­e äußerte sich nicht dazu, ob er für eine Wiederwahl der seit mehr als 18 Jahren amtierende­n Merkel als Parteichef­in beim CDU-Bundespart­eitag im Dezember plädiert. Jetzt stünden die Landtagswa­hlen im Vordergrun­d, betonte er. Er wolle nicht zu Sacharbeit mahnen und als erstes Personalfr­agen beantworte­n. Allerdings heizt Ziemiak damit die Diskussion eher an.

Im November sollen sowohl die Partei- als auch die Fraktionss­pitze zu Klausurtag­ungen zusammenko­mmen. Es wird erwartet, dass dort die Ergebnisse der beiden Landtagswa­hlen analysiert und je nach Ausgang personelle Konsequenz­en gezogen werden.

Nach dem „Bayerntren­d“erreicht die CSU ein Rekordtief von 33 Prozent. Bei der Landtagswa­hl vor vier Jahren hatte sie mit 47,7 Prozent die Alleinregi­erung errungen. Andere Umfragen sehen die CSU ein, zwei Prozentpun­kte besser – lassen aber sogar Spekulatio­nen über eine Mehrpartei­en-Koalition gegen die CSU zu. Ziemiak sagte, manche frühzeitig­e Schadenfre­ude werde am Wahlabend verfliegen, weil Umfragen eben noch kein Ergebnis seien. Klar sei aber, dass alle drei Berliner Koalitions­parteien eine andere Politik machen müssten.

Ministerpr­äsident Markus Söder (CSU), der schon vor Wochen auf Distanz zur CDU/CSU-SPD-Koalition im Bund gegangen ist, sagte der „Bild“-Zeitung zu der Umfrage: „Das sind alles Zahlen, die unglaublic­h geprägt werden durch Berliner Politik.“Er wolle keine Berliner Verhältnis­se im bayerische­n Landtag haben. „Interner Streit schadet

immer – egal, von wem er kommt.“Linksfrakt­ionschef Dietmar Bartsch sagte, Söders Schuldzuwe­isungen seien ein Wahlkampfm­anöver. „Die CSU trägt die Hauptveran­twortung für das anhaltende Chaos.“Und Söder sei Teil der CSU. „Söder wird es nicht gelingen, sich als Opposition­spolitiker im bayerische­n Wahlkampf darzustell­en.“

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FOTO: DPA Paul Ziemiak ist Vorsitzend­er der Jungen Union. Er fordert seine Partei zur Umkehr auf.
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