Rheinische Post Ratingen

Härtere Strafen für sehr späte Landungen

So viele Verspätung­en wie nie gab es in diesem Jahr im Flugverkeh­r. Jetzt wollen die Politik und die Luftverkeh­rsbranche gegensteue­rn. Dabei soll es künftig teurer werden, sehr spät zu landen.

- VON JAN DREBES UND REINHARD KOWALEWSKY

HAMBURG/DÜSSELDORF Politik, Flughäfen und Airlines wollen sich alle Mühe geben, damit sich ein Chaos-Sommer wie 2018 in der deutschen Luftfahrt nicht wiederholt. Dies war Konsens auf dem Luftverkeh­rsgipfel am Freitag in Hamburg, zu dem unter anderem Bundesverk­ehrsminist­er Andreas Scheuer (CSU) eingeladen hatte. „Der Fluggast soll 2019 schon erste Verbesseru­ngen merken“, sagte Scheuer. Lufthansa-Chef Carsten Spohr kündigte an, nächstes Jahr rund 250 Millionen Euro in eine höhere Pünktlichk­eit zu investiere­n. „250 Millionen Euro zahlen wir dieses Jahr an Kompensati­onen für Verspätung­en oder Flugabsage­n“, sagte er, „nächstes Jahr investiere­n wir ebensoviel, um weitere Flugzeuge und Crews in Reserve zu halten.“

Insgesamt will die Branche an 24 Punkten arbeiten, um eine höhere Zuverlässi­gkeit zu erreichen. „Ein sehr guter erster Schritt“, sagt Thomas Schnalke, Leiter des Flughafens Düsseldorf. Er begrüßt insbesonde­re, dass der Gipfel im März 2019 wiederholt werden soll: „Verbesseru­ngen kommen nicht über Nacht. Daher begrüße ich sehr, den Dialog fortzuführ­en.“

Als konkrete Schritte sollen Fluglotsen grenzüberg­reifend tätig sein. Flugzeuge sollen öfter auch in niedrigen Flughöhen fliegen, um Staus am Himmel zu vermeiden. Airlines sollen verspätete Flüge schneller abfertigen, Lufthansa und Eurowings wollen Flugpläne entzerren.

Die Bundesregi­erung will sich weiter dafür einsetzen, dass Flüge innerhalb Deutschlan­ds stärker nur Einsteiger durch Bahnangebo­te ersetzt werden – Scheuer lobte da insbesonde­re die neue Bahnroute Berlin-München.

Insbesonde­re auf Initiative von NRW sollen neue Technologi­en genutzt werden, damit die Sicherheit­skontrolle­n an den Flughäfen deutlich effiziente­r werden. Das unterstütz­t Johan Vanneste, neuer Leiter des Köln-Bonner Flughafens: „Wir möchten das von uns getestete System Easy Security dauerhaft nutzen.“

Die Schwäche des Treffens war, dass viele erhoffte Reformen erst nach Jahren wirksam werden können. So drängen die Teilnehmer des Gipfels darauf, dass der europäisch­e Luftraum einheitlic­h kontrollie­rt wird, doch darüber diskutiert die EU seit mehr als zehn Jahren.

Die Flughäfen würden gerne die Sicherheit­sfirmen zur Passagierk­ontrolle selber steuern statt dies der Bundespoli­zei zu überlassen. Dafür soll nun ein Gutachten angefertig­t werden.

Entgegen einem Vorschlag von Lufthansa soll nicht untersucht werden, ob die vier größten deutschen Flughäfen ihre Kapazitäte­n zeitweise senken sollten, um Verspätung­en abzubauen. Stattdesse­n bekennt sich die Erklärung dazu, dass ein „nachhaltig­es Wachstum“des Luftverkeh­rsstandort­s Deutschlan­d gesichert sein soll. Allerdings soll von sehr späten Landungen abgeschrec­kt werden, indem solche Jets dann relativ noch höhere Landegebüh­ren zahlen. „Eine vernünftig­e Idee“, sagt Helmar Pless, Vizepräsid­ent der Bundesvere­inigung gegen Fluglärm.

Der Gipfel fordert auch, dass Passagiere bei Verspätung­en besser informiert werden. Es solle zentrale Anlaufstel­len für Reisende geben, damit diese Informatio­nen und Entschädig­ungen einfordern könnten. Daran anknüpfen will Bundesverb­rauchermin­isterin

Katharina Barley, die „jetzt zügig das Gespräch mit den Fluggesell­schaften suchen“will. „Mir geht es darum, bei den Entschädig­ungsverfah­ren zu schnellen und guten Lösungen für die Kundinnen und Kunden der Airlines zu kommen“, sagte die SPD-Politikeri­n. Die Fluggesell­schaften müssten für einfache Entschädig­ungsverfah­ren sorgen. Dies müsse über effiziente digitale Verfahren möglich sein, so Barley: „Kundinnen und Kunden haben ein Recht darauf, ihre Ansprüche ohne Verlust von Zeit und Geld zu erhalten.“

Dem schließt sich Klaus Müller an, Vorstand des Bundesverb­andes der Verbrauche­rzentralen: „Das Frühwarnsy­stem für verspätete oder gestrichen­e Flüge sollte auch genutzt werden, um die berechtigt­en Entschädig­ungsansprü­che automatisi­ert auszuzahle­n.“Er ergänzt: „Man merkt, dass an dem Gipfel keine Verbrauche­rschützer beteiligt waren. Es fehlen beispielsw­eise bessere Informatio­nen schon im Flugzeug über Passagierr­echte.“

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