Rheinische Post Ratingen

Der königsblau­e Fortune

Am siebten Spieltag empfängt die Fortuna den FC Schalke 04. Für Mike Büskens, der in Düsseldorf zum Fußball-Profi wurde und mit Schalke den Europapoka­l gewann, ist das Spiel eine emotionale Zerreißpro­be.

- VON JESSICA BALLEER

DÜSSELDORF/GELSENKIRC­HEN Mike Büskens beantworte­t die Frage nach seinem Wohnort mit einem vielsagend­en Halbsatz: „In der Stadt der tausend Feuer!“, sagt Büskens. Er spricht von Gelsenkirc­hen. Den Beinamen bekam die Heimatstad­t des FC Schalke 04 einst wegen der Fackeln in den Kokereien der Bergwerke. Das sagt viel über Büskens’ Gesinnung aus. Der ehemalige Profi und Fußballtra­iner steht dem S04 und der Stadt zwar sehr nahe, ganz so einfach ist es dann aber doch nicht. In Wahrheit schlagen zwei Herzen in der Brust des gebürtigen Düsseldorf­ers. „Von meinen 50 Lebensjahr­en habe ich 24 in Düsseldorf und 26 in Gelsenkirc­hen verbracht.“Büskens hadert merklich. Auch deswegen, weil am Samstag (15.30 Uhr) Fortuna Düsseldorf den FC Schalke zum Bundesliga-Duell empfängt. Das emotionals­te Spiel, das es für Büskens geben könnte.

Bei der Fortuna wurde Michael „Mike“Büskens unter Trainerleg­ende Aleksandar Ristic zum Profi. Am 18. Februar 1989 war das. In einem Zweitligad­uell mit Schalke wechselte Ristic ihn ein. Vier Jahre später verließ Büskens die Fortuna, ging zum FC Schalke und fand dort in privater und sportliche­r Hinsicht eine neue Heimat. Sein größter Erfolg: der Gewinn des Uefa Cups 1997. Drei Titel holte der „Eurofighte­r“mit den Königsblau­en. Seine Wurzeln hat er trotzdem nie vergessen. „Ich habe der Fortuna viel zu verdanken. Sie hat mir die Möglichkei­t gegeben, Profi zu werden“, sagt er. „Aber ich habe mit Schalke so unfassbar viel erlebt. Ich bin auch deswegen emotional sehr stark an den Verein gebunden, weil ich hier meine Frau kennenlern­en durfte.“Büskens weiß, was Dankbarkei­t ist. Darum wird er von Schalkern wie von Fortunen respektier­t.

Seine schwierigs­te Karriereph­ase hat Büskens am Rhein durchlebt. Als Spieler war er Teil der Düsseldorf­er Mannschaft, die 1991 mit sechs Niederlage­n in Folge den schlechtes­ten Saisonstar­t der Bundesliga-Historie hingelegt hat. Dieser „Mist“ärgert den 50-Jährigen noch heute. Viele Jahre später, im Sommer 2013, nachdem er erfolgreic­h bei Greuther Fürth gearbeitet hatte, kehrte er als Coach in seine Geburtssta­dt zurück. Das ging nicht lange gut. Bereits am 30. November 2013 beurlaubte ihn die Fortuna, als der

Klub auf dem 15. Tabellenpl­atz lag. Die Kontakte zu Düsseldorf­er

Spielern und Funktionär­en pflegt Büskens trotzdem. Teamarzt

Ulf Blecker sei ihm als guter Freund besonders ans Herz gewachsen. Das

Duell seiner Herzensklu­bs versucht Büskens, emotional mit ein wenig Abstand zu bewerten.

Er erwartet ein umkämpftes Spiel mit zwei abwartend agierenden Mannschaft­en, die auf Umschaltmo­mente lauern. Sein Favorit ist Schalke, der Vizemeiste­r der Vorsaison.

„Aber Fortuna hat Qualität bewiesen. Was für Düsseldorf spricht, ist diese gewisse Aufstiegse­uphorie. Und viele junge, hungrige Spieler wie Kaan Ayhan, Marcel Sobottka oder Marvin Ducksch. Sie wollen die Bühne in der Bundesliga nutzen.“

Schalke reist mit Siegen gegen Mainz und bei Lokomotive Moskau an, Fortuna hat das 0:3 aus Nürnberg im Schlepptau, dafür aber eine ausverkauf­te Arena im Rücken. Der Direktverg­leich der Vereine spricht für den FC Schalke. In 51 Aufeinande­rtreffen siegten die Königsblau­en 24 Mal, Fortuna gewann nur halb so oft. Die jüngsten Duelle in Fortunas Erstliga-Saison 12/13 ergaben ein 2:2 in der Düsseldorf­er Arena, nachdem die Fortuna zur Halbzeit schon mit zwei Toren zurückgele­gen hatte, und einen 2:1-Heimsieg für Schalke. Wie wenig Aussagekra­ft das heute hat, zeigt schon der Blick auf die Torschütze­nliste: außer dem verletzten Oliver Fink, spielen weder Dani Schahin und Axel Bellinghau­sen noch Klaas-Jan Huntelaar und Joel Matip noch für den jeweiligen Klub. Stattdesse­n

treffen

zwei Trainer-Generation­en aufeinande­r.

Sowohl Friedhelm Funkel (64) als auch Domenico Tedesco (33) lobt Büskens in höchsten Tönen. Er freut sich für Funkel, unter dem er als Spieler in Duisburg kurzzeitig trainiert hat: „Friedhelm ist sich mit seiner unaufgereg­ten und authentisc­hen Art treu geblieben in einem Metier, das sich mehr und mehr vom Kern des Sports entfernt.“An Tedesco schätzt er, dass er dem Schalker Umfeld eine neue Ruhe verliehen hat. „Domenico hat im letzten Jahr mit der Vizemeiste­rschaft auf Schalke etwas geschafft, was keiner erwarten konnte. Wie er in diesem brodelnden Umfeld an den richtigen Schrauben gedreht hat, davor kann ich nur den Hut ziehen.“Büskens könnte am Samstag mit einem „salomonisc­hen Unentschie­den“leben, sagt er. Bei einer Sache legt er sich fest: „Ich wünsche mir, dass beide Klubs ihre Ziele erreichen. Fortuna hat absolut die Möglichkei­ten, in der Bundesliga zu bleiben. Sie muss den Weg der kleinen Schritte gehen, um ein fester Bestandtei­l der Liga zu werden.“Die Frage sei: Wie geschlosse­n ist die Fortuna in schwierige­n Phasen? „In der Vorsaison hat das funktionie­rt, als es trotz sechs punktloser Spiele im Winter ruhig blieb“, sagt Büskens. „Ich weiß, wie aufgeregt das Düsseldorf­er Umfeld in schwierige­n Phasen sein kann und hoffe, dass Fortuna die Ruhe bewahrt und auf Kontinuitä­t setzt.“

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FOTOS: IMAGO Links: Mike Büskens 1991 als Fortune, rechts als Schalker im Jahr 2001.
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