So verbringen Eisdielen-Besitzer den Winter
Im Sommer Eis machen und in Italien überwintern: Stimmt das Gerücht, dass Eisverkäufer das halbe Jahr frei haben?
Der Sommer ist offiziell zu Ende, und Mensch und Natur bereiten sich auf die kühle Jahreszeit vor. Das bedeutet auch ein Ende der beliebten Sommer-Aktivitäten: Die Freibäder haben geschlossen, die Rheinufer sind menschenleer. Und auch die beliebten Eisdielen und -Cafés der Stadt verzeichnen deutlich weniger Ansturm als noch vor einigen Wochen. Wie geht ein Geschäftsmann in den Winter, wenn er prinzipiell sein Geld mit gutem Wetter verdient? Wir haben bei zwei traditionsreichen Düsseldorfer Eisdielen nachgefragt.
Das Da Forno an der Schwerinstraße in Pempelfort Obwohl es draußen kühl wird, hat Eiscafé-Besitzer Daniele da Forno wenig Zeit. In und vor dem kleinen Laden an der Schwerinstraße, den er gemeinsam mit seinem Bruder Francesco und den Ehefrauen der beiden betreibt, sitzen Menschen, die eher Kaffee und Kuchen vor sich haben als Eis. Trotzdem stellen die da Fornos täglich in Handarbeit verschiedene Sorten her, aus Milch, Zucker, verschiedenen Zutaten für den Geschmack.Vor über 100 Jahren kam Großvater Pietro da Forno nach Düsseldorf und begann, Eis zu verkaufen, heute führen seine Enkel die Tradition fort. Und das auch im Winter, so gut es geht.
„Dass wir Eisdielen-Besitzer für sechs Monate in die Heimat fahren, ist ein Gerücht“, sagt Daniele da Forno in einer kurzen Pause zwischen zwei Runden an der Eismaschine. Früher sei es vielleicht so gewesen, als der Lebensmittelpunkt der Familien noch in Italien gelegen habe. Doch inzwischen sei so etwas gar nicht mehr möglich. „Die Kinder gehen hier zur Schule, haben ihre Freunde“, sagt da Forno. Dazu komme auch der finanzielle Aspekt. „Ich kann es mir gar nicht leisten, hier für lange Zeit zuzumachen“, erklärt er. Denn die laufenden Kosten gehen weiter und seien in den vergangen Jahren merklich gestiegen. Nur wirklich gut laufende Läden seien in der Lage, sich längere Ferien zu leisten. Oder solche, die irgendwo außerhalb der Stadt liegen und deswegen geringere Mieten zahlen. Für sein Geschäft nahe der Nordstraße treffe jedoch nichts von beidem zu.
„Natürlich machen wir im Winter deutlich weniger Gewinn“, gibt da Forno zu, „es reicht aber, um die Kosten zu decken.“Also mache man weiter. Mit Kaffee und italienischen Snacks kommen er und sein Bruder buchstäblich über den Winter. Dennoch haben die beiden Italiener noch Kontakt in die alte Heimat: Ab und zu fährt einer der Brüder samt Familie nach Italien, um die dort lebenden Verwandten zu besuchen. Diese leben noch immer im kleinen Dorf Pieve di Cadore in der Provinz Belluno, aus der Großvater Pietro da Forno vor mehr als 100 Jahren aufbrach, um nach Düsseldorf zu kommen.
Eiscafé Pia auf der Kasernenstraße in der Altstadt Keine zehn Kilometer südlich von da Fornos Heimatdorf Pieve liegt Perarolo. Von dort stammt Claudio Camerin, der in der Altstadt die Eisdiele Pia betreibt. Im Sommer gibt es regelmäßig lange Schlangen vor seinem Laden, die den Bürgersteig der Kasernenstraße blockieren. Wenn der 67-jährige Camerin von seiner Heimat in den italienischen Alpen spricht, wird er fast rührselig: „Es ist ein einfacheres Leben da unten, jeder hat seine Arbeit, jeder hat sein Haus. Es ist immer gemütlich.“Und deswegen zieht es ihn auch regelmäßig dort hin, gemeinsam mit seiner Frau Rosanne zu deren Familie. „Meine Schwiegermutter ist eine richtige Nonna Italiana, wie man sie sich vorstellt, wir heizen dort mit dem Holzofen und es schneit jeden Winter“, erzählt er von seiner alten Heimat. Dann beschreibt wer, wie die Wintersonne den Schnee auf den Dächern und Bergen zum Funkeln bringt, und man merkt, dass er sich nach einer langen Eis-Saison dorthin zurück sehnt. Und er wird bald wieder dort sein: Mitte Oktober schließt Pia und eröffnet erst, wenn es im Frühjahr warm genug für Eis wird. Die Besitzer einer der erfolgreichsten Eisdielen Düsseldorfs können sich den Luxus leisten, aber sie geben viel dafür: Im Sommer arbeiten Claudio Camerin und seine Frau auf Hochtouren: „Meine Mitarbeiter haben Wochenenden und freie Tage, wir nicht. Ich arbeite jeden Tag, den ganzen Tag“, sagt der Chef, der den Laden vor 36 Jahren von seinem Onkel übernommen hat. „Die Arbeit hier ist Stress, muss Stress sein, und davon erholen wir uns im Winter in Belluno.“