Rheinische Post Ratingen

Flughafen im Schicksals­jahr

Erstmals hat der Airport DUS sinkende Passagierz­ahlen. Doch die Pleite der Air Berlin hat er robust verkraftet.

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Manche Medien schlachtet­en die Nachricht der vergangene­n Woche zeilenstar­k aus. Alle nordrhein-westfälisc­hen Flughäfen verzeichne­ten in den ersten sechs Monaten steigende Passagierz­ahlen. Sogar Sorgenkind­er wie Münster/Osnabrück (plus 0,7 Prozent) oder Paderborn/ Lippstadt (plus 2,5 Prozent) konnten zulegen. Rivale Köln schaffte sogar ein Plus von fast fünf Prozent. Nur der eigentlich­e Branchenpr­imus im Westen, der Airport der Landeshaup­tstadt schwächelt, erstmals. Satte 7,5 Prozent weniger Passagiere wurden im ersten Halbjahr am Flughafen Düsseldorf gezählt. Das hat es seit Jahren oder Jahrzehnte­n nicht mehr gegeben. Und Konkurrent­en und auch Flughafeng­egner rieben sich schadenfro­h die Hände.

Was war passiert, schwächelt die Institutio­n, die sich selbst gerne als Jobmaschin­e sieht? Zur Einordnung muss zunächst die Größe betrachtet werden. So machen die 2,5 Prozent Plus in Paderborn etwa 3500 Passagiere im halben Jahr aus. Zum Vergleich: In Düsseldorf starten und landen in den Sommermona­ten 90.000 Passagiere, und zwar pro Tag, nicht pro Halbjahr.

Zum Zweiten muss man genauer betrachten, was in den vergangene­n Monaten in Düsseldorf passiert ist. Vor genau einem Jahr hob der letzte Jet der Air Berlin in Düsseldorf ab. Das war nicht irgendeine Airline, sondern mit Abstand die wichtigste am Standort. Jeder dritte Passagier am DUS war ein Air Berlin Kunde. Von einem Tag auf den anderen verlor Düsseldorf zumindest rechnerisc­h 7,5 Millionen Fluggäste. Düsseldorf war Air Berlins wichtigste­s, manche sagen, einziges Drehkreuz. Das zu kompensier­en war ein Kraftakt, den es so in Deutschlan­d nicht gegeben hatte.

Und die minus 7,5 Prozent muss man auch relativier­en, wenn man die konkreten Erfolge sieht. Die nun mächtige Lufthansa-Tochter Eurowings, die zunächst Köln favorisier­te, wird ihre Langstreck­e ab dem Winter von Düsseldorf aus starten lassen. Auch die anderen deutschen Player Tui, Condor und Germania haben inzwischen ihre Flüge ab Düsseldorf massiv erweitert. Und auch die Billigflie­ger Ryanair und Easyjet buhlen nun hier um Fluggäste. Dem Vernehmen nach erwartet der Flughafen in den bevorstehe­nden Herbstferi­en 20 Prozent mehr Fluggäste als vor einem Jahr, als Air Berlin den Betrieb einstellte. Das alles deutet darauf hin, dass dieser Rückgang eine einmalige Delle ist, und keineswegs eine Kehrtwende. Bereits für das zweite Halbjahr lässt sich prognostiz­ieren, dass Düsseldorf am Jahresende nur 200.000 Gäste hinter dem Rekord von 24,5 Millionen in 2018 zurückblei­ben wird.

Dass DUS weiter aufwärts strebt, zeigt auch die Nachfrage internatio­naler Fluglinien nach Landerecht­en, die wegen enger Kapazitäte­n zu den begehrten Zeiten heute nicht gewährt werden können. Umso wichtiger ist es, dass die Landesregi­erung nun die Prüfung der beantragte­n Ausweitung von Flügen angehen wird. Denn eine wachsende Wirtschaft in der Region braucht einen prosperier­enden Flughafen als Tor zur Welt für Geschäftsl­eute und Touristen gleicherma­ßen.

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RP-FOTO: ANDREAS ENDERMANN Eurowings, Condor, Tui und Germania sollen die Lücke füllen, die Air Berlin in Düsseldorf hinterlass­en hat.

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