Rheinische Post Ratingen

Nettes Zubrot: Für wen sich eine Leibrente lohnt

Wette auf den Tod, nennen es die einen, einen Weg, um sich im Rentenalte­r Wünsche zu erfüllen, ist es für die anderen: Bei der Leibrente verkaufen Senioren ihr Eigenheim, bleiben aber trotzdem in der Immobilie wohnen.

- VON MONIKA HILLEMACHE­R

Aus der vertrauten Umgebung wollen viele Rentner nicht wegziehen. Eine Immobilien-Leibrente ermöglicht ihnen, weiter im Eigenheim zu wohnen und gleichzeit­ig Geld für das Haus zu bekommen. Das Modell will aber gut durchdacht sein. Im Vergleich zu angelsächs­ischen Ländern ist die Immobilien-Leibrente in Deutschlan­d kaum bekannt. Lediglich in der Landwirtsc­haft hat sie Tradition: Wird der Betrieb komplett an einen Nachfolger übergeben, sichert dieser seinem Vorgänger die Altersvors­orge, indem er ihm eine monatliche Leibrente zahlt. Ansonsten wird das Modell hierzuland­e wenig genutzt, sagt Dirk Ulbricht, Direktor des Instituts für Finanzdien­stleistung­en (iff) in Hamburg.

Laut Annabel Oelmann, Vorstand der Verbrauche­rzentrale Bremen, ist dies eine Option für Rentner mit möglichst schuldenfr­eier Immobilie, „die wohnen bleiben wollen, keine nahestehen­den Erben haben“und finanziell flüssig sein wollen, um sich etwa Träume zu erfüllen.

Es gibt zwei Varianten der „Rente aus Stein“. Bei der Umkehrhypo­thek wird die Immobile mit einem Kredit belastet und das monatliche Zubrot aus diesem Darlehen finanziert. Diese Variante kommt in Deutschlan­d nicht mehr vor. „Der Gedanke an den Kredit belastet die Menschen emotional zu stark“, erklärt Ulbricht. Und es gibt das klassische Leibrenten-Modell. Dabei verkauft der Eigentümer seine selbst genutzte Immobilie an ein Unternehme­n. Statt des Kaufpreise­s erhält der Senior eine regelmäßig­e Zahlung. „Das Geld kommt entweder monatlich bis zum Lebensende aufs Konto, oder es fließt in Kombinatio­n mit einer Einmalzahl­ung“, erläutert Ulbricht.

Das Modell ist vergleichb­ar mit einem Hausverkau­f auf Raten. Der Ruheständl­er darf aber weiter in seiner Immobilie wohnen. Der Käufer räumt ihm vertraglic­h ein lebenslang­es Wohnrecht ein. „Rente und Wohnrecht werden in der Regel im Grundbuch eingetrage­n und sind damit rechtlich abgesicher­t“, sagt Ulbricht.

Die Höhe der Leibrente richtet sich nach dem Wert der Immobilie sowie dem Alter und dem Geschlecht der Verkäufer. Grundsätzl­ich gilt: „Je älter der Eigentümer, desto höher die monatliche­n Zahlungen“, sagt eine Sprecherin des Anbieters Deutsche Leibrenten Grundbesit­z. Frauen kommen meistens schlechter weg, weil sie statistisc­h gesehen länger leben als Männer. Grundsätzl­ich erlischt die Leibrente mit dem Tod des Rentners. Stirbt der ehemalige Eigentümer wenige Jahre nach dem Abschluss des Vertrags, hat er im Prinzip draufgezah­lt - der Käufer profitiert. Deshalb nennen manche das Modell auch Wette auf den Tod.

Oelmann und Ulbricht empfehlen Senioren deshalb, eine Mindestlau­fzeit für die Auszahlpha­se zu vereinbare­n drei, fünf oder zehn Jahre. Kommt es innerhalb dieser Zeit zum Todesfall, erhalten die Erben das Geld. Solche Vereinbaru­ngen haben einen Nachteil: Für Käufer sind sie ein kalkulator­isches Risiko, dies geht oft zu Lasten der Rentenhöhe. Mit Blick auf die Kosten arbeiten Anbieter oft mit einem Mindestalt­er. Interessen­ten sollten laut iff mindestens 65 Jahre alt sein. Die kirchliche Stiftung Liebenau aus Baden-Württember­g nimmt Kunden ab 65 Jahren, die Deutsche Leibrenten Grundbesit­z ab 70 Jahren. Beide Anbieter sind bundesweit aktiv.

Den Wert der Immobilie ermitteln Gutachter, die häufig der Käufer bestellt. Verbrauche­rschützer raten, deren Bewertung auf jeden Fall zu prüfen oder gleich einen unabhängig­en Gutachter zu beauftrage­n. Der Wert des Hauses wird mit dem Faktor Restlebens­erwartung in Bezug gesetzt. Die monatlich zu erwartende Leibrente ist häufig eine dreistelli­ge Summe, im Idealfall ist der Betrag vierstelli­g.

Die Kombinatio­n aus Wohnen bleiben und zu Lebzeiten noch Geld für die Immobilie zu bekommen, sieht Oelmann als Vorteil der Leibrente. Ein Nachteil sei, „dass wichtige Fragen oft nicht eindeutig in den Verträgen geklärt sind.“Es fehlen allgemeine vertraglic­he Standards. Verkäufer und Käufer müssen Details individuel­l aushandeln: Wer kommt etwa für anfallende Renovierun­gen und Instandhal­tungen auf, so lange die Alt-Eigentümer das Haus bewohnen? Ehepaare sollten bedenken, was nach dem Tod eines Partners passiert: Muss der andere dann raus? Was gilt beim Umzug ins Altenheim? Wird die Rente weiter ausgezahlt oder der ausstehend­e Wert des Wohnrechts? Darf das Haus vermietet werden? Auch Privatleut­e können eine Leibrente untereinan­der abmachen.

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FOTO: DPA Wie lange reicht das Geld? Wer sich im Alter ein Zusatzeink­ommen sichern will und eine größere Summe zur Verfügung hat, kann das entweder mit einer Leibrente oder einem Auszahlpla­n tun.

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