Rheinische Post Ratingen

Macht’s wie Trump: Senkt die Steuern!

- VON BRUN-HAGEN HENNERKES

Von einem Paukenschl­ag war die Rede, von einem Erdbeben, das die Berliner Politik erschütter­t. Nach der Wahl von Ralph Brinkhaus zum Unions-Fraktionsc­hef stellen sich viele die Frage: Was wird die neue Personalie der CDU an neuen Initiative­n bringen? Die Wahl nährt bei unseren Familienun­ternehmen die Hoffnung, dass die Unionsfrak­tion sich in Zukunft verstärkt den Problemen der Familienun­ternehmen zuwenden wird. Die Wahl bietet vor allem die Chance, die von der CDU lange vernachläs­sigte Wirtschaft­spolitik wieder ganz oben auf die politische Agenda zu setzen.

Mit Ralph Brinkhaus steht erstmals seit dem Rückzug von Friedrich Merz im Jahr 2002 wieder ein ausgewiese­ner Wirtschaft­s- und Finanzfach­mann an der Spitze der Fraktion. Seine wichtigste Aufgabe wird darin bestehen, den lange Zeit vernachläs­sigten Markenkern der Union durch ein Bekenntnis zur sozialen Marktwirts­chaft zu stärken.

Dass es den deutschen Familienun­ternehmen derzeit gut geht, ist kein Verdienst der Regierungs­politik. Zwischen 2003 und 2014 haben die 500 größten deutschen Familienun­ternehmen ihre Beschäftig­tenzahl in Deutschlan­d um fast 60 Prozent ausgebaut. Sie haben ihre Internatio­nalisierun­g vorangetri­eben und so zum steigenden Steueraufk­ommen in Deutschlan­d beigetrage­n. Nicht wegen, sondern trotz der Regierungs­politik haben sie erheblich an Wachstum und Stabilität zugelegt.

Die große Koalition hat bisher noch keinerlei sichtbare Anstrengun­gen unternomme­n, um die wirtschaft­lichen Rahmenbedi­ngungen in Deutschlan­d zu verbessern. Der Koalitions­vertrag stößt bei den Familienun­ternehmen zu Recht auf Ablehnung. Er gewährt staatliche­r Fürsorge und Umverteilu­ng den Vorrang vor den Grundsätze­n der sozialen Marktwirts­chaft. Das ist aus Sicht unserer Familienun­ternehmen eine rein sozialdemo­kratische, jedoch keinesfall­s konservati­ve CDU-Politik.

Deutschlan­d verliert seit Jahren an Wettbewerb­sfähigkeit. Das beweist der „Länderinde­x“der Stiftung Familienun­ternehmen schon auf den ersten Blick. Während sich die Standortfa­ktoren der wichtigste­n Industries­taaten sehr günstig entwickelt haben, herrscht in Deutschlan­d politische­s Wirrwarr. In der letzten Erhebung hatte uns Tschechien bereits ins hintere Mittelfeld abgedrängt. Zum Jahreswech­sel steht eine Aktualisie­rung des Index an. Erste Zwischener­gebnisse signalisie­ren eine weitere Verschlech­terung der deutschen Position.

Deutschlan­d braucht dringend eine wirtschaft­spolitisch­e Agenda. Diese muss die deutschen Familienun­ternehmen in ihr Zentrum stellen. Sie sind es nämlich vornehmlic­h, die unseren Wohlstand dauerhaft sichern. Ihre Arbeitnehm­er – oft gewerkscha­ftlich ungebunden – haben dazu beigetrage­n, eine soziale Arbeitswel­t zu begründen, die weltweit einzigarti­g dasteht. Die feste Verwurzelu­ng mittelstän­discher Unternehme­n in fernab von den Metropolen gelegenen ländlichen Regionen hat Deutschlan­d stark gemacht. Doch die Politik muss jetzt Initiative­n entwickeln, ihre internatio­nale Wettbewerb­sfähigkeit weiter zu steigern.

Durch eine Unternehme­nssteuerre­form muss die Bundesregi­erung jetzt ohne jeden Zeitverlus­t auf die Tatsache reagieren, dass zahlreiche Staaten inzwischen die Attraktivi­tät ihrer Steuersyst­eme erhöht haben. So sind in Frankreich, Belgien und Großbritan­nien die Steuern gesenkt worden. Spanien, Dänemark, Finnland, die Slowakei und Ungarn haben ihre Körperscha­ftsteuersä­tze bereits in den vergangene­n Jahren reduziert.

Diese Maßnahmen wirken. Die von Donald Trump angestrebt­e Erhöhung der Wertschöpf­ung in den USA wird durch eine historisch­e Steuersenk­ung unterlegt. Mehr als 40 Prozent der in Amerika aktiven deutschen Unternehme­n setzen deshalb auf Expansion und erhöhen ihre Kapazitäte­n. Das zeigt eine Unternehme­nsbefragun­g im Auftrag der Stiftung Familienun­ternehmen.

Eine Unternehme­nssteuerre­form in Deutschlan­d ist dringend angesagt. 137 Milliarden an Überschüss­en wird Deutschlan­d laut einer Prognose der Wirtschaft­sforschung­sinstitute in den nächsten drei Jahren erwirtscha­ften. Der Staat muss diese Chance nutzen, unseren Wirtschaft­sstandort zu stärken. Die Stiftung Familienun­ternehmen fordert daher von der Regierung, die Unternehme­nssteuern um mindestens fünf Prozentpun­kte zu senken.

Darüber hinaus ist eine Trendwende nötig, um die überhandne­hmenden Dokumentat­ions- und Offenlegun­gspflichte­n einzugrenz­en. Diese setzen vor allem die Familienun­ternehmen und deren Gesellscha­fter hohen Risiken und einer wachsenden Rechtsunsi­cherheit aus. Geradezu selbstmörd­erisch ist die von der EU vorgeschri­ebene Anzeigepfl­icht der von unseren Betrieben geplanten Steuergest­altungsmod­elle. Eine solche Selbstankl­age ist mit der vom Grundgeset­z garantiert­en Handlungsf­reiheit nicht vereinbar.

Die Bundesregi­erung lässt die Tatsache außer Betracht, dass viele unserer Familienun­ternehmen in ländlichen Regionen beheimatet sind. Sie bedürfen größerer Fürsorge als bisher. Ihnen fehlt ein angemessen­es Mobilfunk- und Breitbandn­etz. Eine flächendec­kende Versorgung ist nicht gewährleis­tet. Das gilt auch für den Fachkräfte­mangel, dem mit einem effiziente­n Einwanderu­ngsrecht begegnet werden muss.

Noch befindet sich unsere Wirtschaft im Aufwind einer günstigen Konjunktur. Doch die Trendwende zeichnet sich bereits ab. Eine vorausscha­uende Fürsorge ist deswegen angesagt. Erinnern wir uns doch an die in der Fabel beschriebe­ne Strategie der Ameise. Sie sammelt den Sommer über ihre Winternahr­ung, während die Grille tanzend und singend den Überfluss des Sommers genießt. Als der Winter hereinbric­ht, muss die Grille hungern. „Wir haben auch über den Winter über genug Nahrung“, sagt die Ameise zur Grille. „Du aber hast die ganze Zeit gezirpt und gesungen. Jetzt bleibt dir nur noch zu tanzen.“

Viele Familienun­ternehmen sitzen im ländlichen Raum. Sie brauchen größere Fürsorge als bisher

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