Rheinische Post Ratingen

Symbol der Harmlosigk­eit

Fortuna arbeitet Fußball, vergisst aber das Toreschieß­en. Benito Ramans Chance gegen Schalke ist das beste Beispiel.

- VON PATRICK SCHERER

Erich Rutemöller schlendert­e im Bauch der Arena unruhig umher, fand keine Ruhe. „Ich bin innerlich geladen“, sagte Fortunas Sportvorst­and nach dem 0:2 gegen den FC Schalke 04. „Dass wir uns einfach nicht für unseren Aufwand belohnen, ärgert mich.“Die dritte Niederlage in der Fußball-Bundesliga

„Das ist eben erste Liga. Wenn du selbst nicht triffst, treffen die anderen.“Benito Raman Fortuna-Stürmer

in Serie machten die meisten Beobachter an einer Szene fest, die sich bereits nach vier Spielminut­en ereignete: Benito Raman tauchte allein vor Torhüter Ralf Fährmann auf, verpasste es aber, dem Spiel durch einen Führungstr­effer eine völlig andere Dynamik zu verpassen. „Ich bin aufgesprun­gen und habe laut geflucht“, sagte Rutemöller. „Ich hatte natürlich auch unser 1:2 gegen Leverkusen direkt im Kopf.“

Die düstere Vorahnung sollte genau so eintreffen. Wieder nutzten die Düsseldorf­er die Schwächepe­riode des Gegners nicht aus, leisteten sich erneut nach Wiederanpf­iff eine kopflose Phase und verloren dadurch das Spiel. Raman fasste das dann so zusammen: „Das ist eben erste Liga. Wenn du selbst nicht triffst, treffen die anderen.“Der Belgier versuchte erst gar nicht, sich aus der Verantwort­ung zu stehlen. „Ich kann das besser, das weiß ich“, sagte Raman. „Ich habe den Torhüter gesehen und wollte ihn eigentlich überlupfen, dann bleibt er plötzlich stehen. Davon war ich überrascht. Ich hatte dann zwei Optionen: An ihm vorbeigehe­n oder schießen. Ich habe mich entschiede­n und daneben geschossen. Ich glaube nicht, dass ich heute schlafen kann. Wenn, dann erst sehr spät. Vorher werde ich mir die Szene noch einige Male angucken, um es beim nächsten Mal besser zu machen.“

Nach Ansicht der Bilder wird auch der 23-Jährige zum Schluss gekommen sein, dass die Option, mit vollem Tempo an Fährmann vorbeizula­ufen wohl die bessere gewesen wäre. So sah es auch der Sportvorst­and. „Da muss man auch mal ein Eins-gegen-eins gegen den Torwart nehmen. Dann haut der dich um, dann gibt es Elfmeter und Rote Karte“, sagte Rutemöller, nahm Raman dann zwar in Schutz, betonte aber auch: „Wenn man solche Chancen nicht nutzt, hat das am Ende immer mit Qualität zu tun. Das ist doch klar.“

Ramans Mitspieler beschriebe­n unisono, wie der flinke Stürmer ähnliche Situatione­n im Training eiskalt ausnutzt. Bereits gegen Leverkusen hatte Raman gute Gelegenhei­ten ausgelasse­n – eine so große freilich aber noch nicht. „Im vergangene­n Jahr habe ich auch ein paar Chancen vergeigt“, sagte Raman. „Als ich dann ein, zwei Tore gemacht habe, ging es besser. Ich muss einfach locker bleiben. Ich arbeite hart für das Team, die Tore werden kommen. Da habe ich keine Angst.“

Am Ende der Aufstiegss­aison standen in 28 Einsätzen in der zweiten Liga zehn Treffer und drei Vorlagen zu Buche. Und nach seinem Tor zum 1:0 gegen Augsburg am ersten Spieltag sah es so aus, als ginge es nahtlos weiter. Doch nun gilt er als Symbol, das für die aktuelle Fortuna-Form steht: lauffreudi­g, kampfstark, harmlos.

„Wenn man die sieben Spiele analysiert, ist es einfach: Wir haben sechs gute Spiele gemacht, nur ein schlechtes in Nürnberg. Aber: Wir haben nur fünf Punkte“, sagte Raman, wohlwissen­d, dass ein Abstiegska­ndidat, der seine guten Spiele nicht zu Punkten bringt, in der Regel auch in schlechter­en Partien nichts Zählbares mitnimmt. Bei aller Enttäuschu­ng gab sich Raman aber auch kämpferisc­h: „Jeder wusste vor der Saison, dass wir einer der ersten beiden Abstiegska­ndidaten sind. Wir haben allen gezeigt, dass wir Fußball spielen können. Jetzt müssen wir einfach auch Spiele gewinnen.“

Sport B3/Kommentar

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FOTO: IMAGO Ist doch nicht zu glauben: Benito Raman nach seiner Chance.
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