Rheinische Post Ratingen

Banksy narrt den Kunstmarkt

In einer spektakulä­ren Aktion lässt der Künstler sein eigenes Werk schreddern.

- VON CHRISTOPH MEYER

LONDON (dpa) Ein Bild des StreetArt-Künstlers Banksy hat sich kurz nach seiner Versteiger­ung in London selbst zerstört. Kaum war das Werk für umgerechne­t knapp 1,2 Millionen Euro verkauft worden, lief es vor staunenden Betrachter­n durch einen Schredder, der im Rahmen verborgen war. Übrig blieb nur der obere Teil des Bilds, der Rest hing in Streifen herunter.

Banksy, dessen wahre Identität unbekannt ist, teilte zuerst ein Foto dieser Szene per Foto-Plattform Instagram und versah es mit dem Kommentar „going, going, gone“– „zum Ersten, zum Zweiten, zum Dritten“. Ein Wortspiel, denn wörtlich bedeutet „gone“eigentlich „gegangen“oder einfach „fort“.

Später postete der Künstler ein Video von einer vermummten Person, die Teile eines Schredders in einen Bilderrahm­en setzt. „Vor ein paar Jahren baute ich heimlich einen Schredder in ein Gemälde“, heißt es in einem eingeblend­eten Text. „Falls es jemals versteiger­t werden sollte“, ergänzt ein zweiter.

Dann folgen Szenen aus dem Auktionsha­us Sotheby‘s. Das Bild „Girl with a Balloon“von Banksy steht zum Verkauf. Sobald der Hammer fällt, kommen aus dem dicken, verschnörk­elten Goldrahmen Piepsgeräu­sche und das Bild rauscht durch den unteren Teil des Rahmens – und kommt in Streifen wieder heraus. Die umstehende­n Besucher und Mitarbeite­r können kaum glauben, was sie gerade gesehen haben. Den Beitrag kommentier­t Banksy mit einem angebliche­n Picasso-Zitat: „Der Drang zu zerstören, ist auch ein kreativer Drang.“

Bei dem geschredde­rten Bild handelt es sich um eines der berühmtest­en Banksy-Motive, ein Mädchen, das den Arm nach einem davonflieg­enden Luftballon in Herzform ausstreckt. Das Motiv erschien zuerst als Wandgemäld­e in London. Das nun zerstörte Bild, auf Leinwand gesprüht, stammt aus dem Jahr 2006.

Das Auktionsha­us bezeichnet­e den Vorfall als „unerwartet“. Doch es gibt Zweifel an dieser Darstellun­g. Kann das wirklich alles ohne das Zutun der Sotheby‘s-Mitarbeite­r geschehen sein? War es reiner Zufall, dass das Bild als letztes Los verkauft wurde und einen sehr ähnlichen Preis erzielte wie der bisherige Rekord eines Banksy-Werks im Jahr 2008? Das Fachblatt „The Art Newspaper“hält es nicht für ausgeschlo­ssen, dass Sotheby‘s-Mitarbeite­r ihre Finger im Spiel hatten.

Dazu passt, dass sich Sotheby‘s in einer Mitteilung amüsiert zeigte. „Es sieht so aus, als seien wir gerade gebanksyd worden“, sagte Alex Branczik, Leiter der Abteilung für zeitgenöss­ische Kunst in Europa bei Sotheby‘s. Mit der Aktion sei Geschichte geschriebe­n worden. Der „Financial Times“sagte er, Sotheby‘s sei im Gespräch mit dem überrascht­en Käufer, der sein Gebot per Telefon abgegeben hatte. Sollte es ihn tatsächlic­h geben, könnte er möglicherw­eise sogar erfreut sein: Medien spekuliert­en, der Wert des Werks könnte sich durch die Aktion erheblich erhöht haben.

Eine weitere Frage beschäftig­te am Wochenende die Medien. War Banksy möglicherw­eise selbst vor Ort und drückte den Auslöser? Unter den Gästen der Auktion machten angeblich Gerüchte über einen mysteriöse­n Mann mit Sonnenbril­le und Hut die Runde, der kurz nach dem Vorfall in eine Rangelei mit Sicherheit­skräften verwickelt gewesen sein soll.

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FOTO: DPA Kurz nachdem das Bild des Künstlers Banksy für umgerechne­t 1,2 Millionen Euro versteiger­t wurde, lief es durch einen Schredder.

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