Rheinische Post Ratingen

Verstorben­er Syrer war depressiv

Der Mitarbeite­r eines Anwaltsbür­os berichtet über den unschuldig Inhaftiert­en.

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KLEVE/DÜSSELDORF (cat/rky) Der größte Fehler von Polizei und Justiz beim Umgang mit dem an Brandverle­tzungen gestorbene­n Amed A. war möglicherw­eise nicht die fehlerhaft­e Inhaftieru­ng, sondern das falsche Einschätze­n seines depressive­n Zustandes. Darauf macht gegenüber unserer Redaktion Klaus Stanek-Nierenz aufmerksam, Büroleiter einer Siegener Anwaltskan­zei, die Amed A. bei seinem Asylverfah­ren vertreten hatte. „Amed A. litt an einer hochgradig­en posttrauma­tischen Belastungs­störung. Das war ihm anzumerken“, sagt der Büroleiter. Der 26-Jährige hätte nie eingesperr­t werden dürfen, sagt Stanek-Nierenz, weil er suizidgefä­hrdet gewesen sei. Der Syrer hätte sich selbst beigefügte Verletzung­en an beiden Armen gehabt.

Dabei kannte Stanek-Nierenz den Festgenomm­enen gut, sagt er. Er habe ihn in einem Siegener Flüchtling­scamp in der deutschen Sprache unterricht­et, er habe oft mit ihm Kontakt gehabt. Darum frage er sich, warum Amed A. aus der Haft keine Hilfe bei seiner Kanzlei gesucht habe, als ihm klar wurde, Opfer einer Verwechsel­ung gewesen zu sein.

Das NRW-Justizmini­sterium erklärt dazu auf Anfrage unserer Redaktion, der relativ gut Deutsch sprechende Amed A. hätte niemals während der zehn Wochen Haft die Unterstütz­ung eines Anwaltes verlangt. Amed A. sei am Anfang der Haft als selbstmord­gefährdet eingestuft worden, doch von dieser Einschätzu­ng rückte eine Psychologi­n am 3. September ab. Daraufhin kam er ab dem 13. September ohne Überwachun­g in eine Einzelzell­e, am 17 September brach der tödliche Brand aus. Die Psychologi­n muss sich nun erklären, auch weil sie es nicht ernst nahm, als Amed A. von einer Verwechsel­ung sprach.

NRW-Justizmini­ster Peter Biesenbach (CDU) berichtete außerdem im Landtag, dass die Staatsanwa­ltschaft bisher gegen keinen Mitarbeite­r der Justiz ermittele. Dagegen hat die Staatsanwa­ltschaft bekanntgeg­eben, gegen mehrere Polizisten zu ermitteln, weil diese nur oberflächl­ich geprüft hatten, ob Amed A. wirklich identisch war mit einem in Hamburg verurteilt­en Straftäter. Biesenbach berichtete auch, dass Amed A.laut Gesundheit­sakte abhängig von Cannabis war, viel Alkohol getrunken habe und eine Persönlich­keitsstöru­ng hatte.

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