Rheinische Post Ratingen

Millionen-Poker um neues Wohngebiet

Aus dem Nirosta-Stahlwerk im Süden sollen die „Benrather Gärten“werden. Für das Grundstück werden bereits mehr als 100 Millionen Euro geboten. Die Stadtspitz­e kämpft jetzt gegen einen überzogene­n Preis, der das Wohnen verteuert.

- VON UWE-JENS RUHNAU

Es gibt nicht genug neue Wohnungen in Düsseldorf, und es gibt zu wenig preiswerte­n Wohnraum. Drei Großprojek­te, die um die 3000 neue Wohnungen bringen könnten, verbessern diese Situation nur bedingt. Hintergrun­d ist ein neuer Trend: Die Grundstück­e für Wohngebiet­e werden meistbiete­nd versteiger­t. Die Stadtspitz­e versucht nun, dagegen zu steuern, und hat an die Teilnehmer des Bieterverf­ahrens für das rund 150.000 Quadratmet­er große Areal an der Ecke Hildener/Frankfurte­r Straße in Benrath einen Brief geschickt. „Wir haben von diesem Preispoker gehört und wollen klarmachen, dass dieses Geld nicht durch eine höhere Verdichtun­g wieder hereingeho­lt werden kann“, so Planungs- und Baudezerne­ntin Cornelia Zuschke. Die Fakten:

Das Bieterverf­ahren Durchgefüh­rt werden Bieterverf­ahren in aller Regel von großen, internatio­nal tätigen Immobilien­maklern. Beim Glasmacher­viertel in Gerresheim war es BNP Paribas, beim Nirosta-Gelände ist es JLL. Am Albertusse­e, wo die Firma Pandion zum Zuge kam, hat die Metro selbst verkauft. Es gibt einen Startpreis, dann werden Runde für Runde diejenigen aussortier­t, die nicht genug bieten. Zum Verfahren gehören gezielte Ansprachen der Entwickler nach dem Motto: Wer dabei bleiben möchte, müsse mutiger sein, noch etwas drauflegen. Dabei geht es um Millionens­ummen. Die Knappheit großer Flächen in der prosperier­enden Stadt Düsseldorf treibt den Preis. Für Benrath, wo es um das ehemalige Werk von ThyssenKru­pp Nirosta geht, soll das Ergebnis bis Jahresende feststehen.

Die Preise Beim Glasmacher­viertel machte die Eigentümer­in Patrizia Immobilien AG ein gutes Geschäft. Sie startete das Bieterverf­ahren bei 80 Millionen und soll am Ende laut Branchenin­sidern 132 Millionen Euro erhalten haben. In Benrath soll bereits in Runde zwei die Marke von 100 Millionen Euro geknackt worden sein. Marcel Abel, Geschäftsf­ührer von JLL, will das nicht bestätigen. „Zu dem laufenden Verfahren können wir uns über die bereits erfolgte Berichters­tattung hinaus nicht weiter äußern.“

Abel spricht damit den Gestaltung­swettbewer­b an, den der Eigentümer Outokumpu Nirosta GmbH finanziert hat. Das Sieger-Konzept sehe eine stringente städtebaul­iche Struktur für das Areal vor, verkündete die Stadt. Zentrale Idee sei eine Grün- und Wasserachs­e im Zentrum des Areals, in Analogie zur Wasserachs­e von Schloss Benrath. Das städtebaul­iche Konzept sei klar geometrisc­h gegliedert, biete Raum für Wohnen und Gewerbe. Zuschke lobte Nirosta Gelände die Sieger Schellenbe­rg + Bäumler mit FSWLA Landschaft­sarchitekt­ur: „Ich bin erfreut, dass ein Entwurf gewonnen hat, der Benrath versteht und in sich schlüssig ist.“

Die Zukunft In Gerresheim muss der Käufer neben dem Kaufpreis rund 50 Millionen Euro für Infrastruk­tur kalkuliere­n (Kanäle, Park etc.). Rund 1600 Wohnungen sollen entstehen, das Handlungsk­onzept Wohnen wird angewandt (40 Prozent sozial geförderte­r oder preisgedäm­pfter Wohnraum). Der durch das Grafental bekannt gewordene Entwickler Brack Capital steht nun unter dem Druck, das frisch erworbene Glasmacher­viertel wirtschaft­lich zu entwickeln. Angesichts von Erwerbsund Baukosten von rund 4500 Euro pro Quadratmet­er kein Kinderspie­l. „Es wird auch niedrigere Preise geben“, sagt Geschäftsf­ührer Ulrich Tappe, „aber losgelöst von der allgemeine­n Preisentwi­cklung geht es auch nicht.“In Düsseldorf gebe es genug Menschen, die sich dies leisten könnten. „Aber einige auch nicht, das muss man klar sagen.“Was in Benrath geschieht, hängt vom Verkaufspr­eis und der Haltung der Stadt ab.

Entwickler Klaus Franken von Catella (Grand Central) fordert, „dass wir die Spekulatio­n aus Düsseldorf herausbeko­mmen müssen“. Mit dem Verkauf von reinen Grundstück­en werde derzeit mehr Geld verdient als mit der Realisieru­ng von Wohnungsba­u. Das sei ungesund.

Unser Autor Uwe-Jens Ruhnau hält eine stärkere regulative Rolle der Stadt im Wohnungsma­rkt für geboten. Kommentar Seite C2

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RP-FOTO: ANDREAS ENDERMANN Das alte Industrieg­elände an der Hildener Straße, aus Richtung des Schwarzen Wegs fotografie­rt. Hier sollen Wohnungen und Gewerbe entstehen.
 ?? SIMULATION: STADT DÜSSELDORF ?? Wo einmal Stahl gewalzt wurde, sollen an der Hildener Straße die „Benrather Gärten“gebaut werden.
SIMULATION: STADT DÜSSELDORF Wo einmal Stahl gewalzt wurde, sollen an der Hildener Straße die „Benrather Gärten“gebaut werden.
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