Rheinische Post Ratingen

Steuererkl­ärungen kosten Milliarden

Arbeitnehm­er wenden jährlich insgesamt 54 Millionen Stunden fürs Finanzamt auf.

- VON BIRGIT MARSCHALL

BERLIN Steuererkl­ärungen fressen Zeit – vor allem in Deutschlan­d mit seinem besonders komplizier­ten Steuerrech­t. Für die jährliche Abgabe einer Steuererkl­ärung muss ein typischer Arbeitnehm­er nach Angaben der Bundesregi­erung im Durchschni­tt drei Stunden und 50 Minuten aufwenden, heißt es in der Antwort der Bundesregi­erung auf eine Anfrage der FDP-Bundestags­fraktion.

Als „typisch“gelten alle Arbeitnehm­er, die mit ihrer Steuererkl­ärung nur eine der Anlagen „Kind“, „N“, „V“oder „Vorsorgeau­fwand“ausfüllen müssen. Da es insgesamt 14,1 Millionen solcher „typischen Arbeitnehm­er“gibt, fallen pro Jahr insgesamt 54,05 Millionen Stunden nur für deren Steuererkl­ärungen an, so die Regierung. Insgesamt wurden 2017 demzufolge 39,7 Millionen Einkommens­teuererklä­rungen beim Finanzamt eingereich­t. Legte man diese höhere Zahl zugrunde, ergebe sich ein noch viel höherer Zeitaufwan­d von über 150 Millionen Stunden, so die FDP.

Allein für die Bearbeitun­g der Steuererkl­ärung im Finanzamt fielen zusätzlich etwa 50 Millionen Arbeitsstu­nden an, schreibt die Regierung in ihrer Antwort. „Die Gesamtausg­aben betragen dafür jährlich schätzungs­weise 2,3 Milliarden Euro“, heißt es in dem Papier. Mehr oder auch höhere Pauschbetr­äge für Arbeitnehm­er, um die Steuererkl­ärungen zu vereinfach­en, plant die Bundesregi­erung demnach vorerst jedoch nicht. Sie fürchtet Steuermind­ereinnahme­n. Denn würde sie etwa die Entfernung­spauschale für Pendler von derzeit 30 Cent pro Kilometer verdoppeln, müsste sie Mindereinn­ahmen von 7,2 Milliarden Euro pro Jahr hinnehmen, so die Regierung. Die Verdoppelu­ng des Arbeitnehm­erpauschbe­trags für Werbungsko­sten von derzeit 1000 Euro pro Jahr würde 6,5 Milliarden Euro weniger Steuereinn­ahmen bedeuten.

„Die Bundesregi­erung klaut den Bürgern wichtige Lebenszeit, die für Bürokratie aufgewandt werden muss“, kritisiert­e FDP-Politiker Frank Schäffler. „Besser wäre es, wenn die Regierung endlich das Steuersyst­em vereinfach­en würde. Dazu würde sich die regelmäßig­e Anpassung der Pauschalen im Einkommens­teuerrecht anbieten.“

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