Rheinische Post Ratingen

Mesale Tolus Ehemann darf die Türkei verlassen

- VON GERD HÖHLER

ISTANBUL Die deutsche Journalist­in Mesale Tolu hat sich am Dienstag vor einer Strafkamme­r in Istanbul gegen die ihr zur Last gelegten Terrorismu­s-Vorwürfe verteidigt. Sie erreichte dort einen ersten Erfolg: Ihr mitangekla­gter Ehemann Suat Corlu darf die Türkei verlassen. Zugleich verhängte ein anderes Istanbuler Gericht einen internatio­nalen Haftbefehl gegen den in Deutschlan­d lebenden Journalist­en Can Dündar.

Sieben Monate saß Mesale Tolu wegen Terrorvorw­ürfen in türkischer Untersuchu­ngshaft, zeitweilig mit ihrem zweijährig­en Sohn. Acht weitere Monate durfte die deutsche Journalist­in die Türkei nicht verlassen. Erst im August konnte sie in ihre Heimatstad­t Ulm zurückkehr­en. Trotz dieser traumatisc­hen Erfahrung brachte die 33-Jährige den Mut auf, zur Fortsetzun­g ihres Verfahrens nach Istanbul zu fliegen. Am Dienstag saß Tolu vor der 29. Strafkamme­r auf der Anklageban­k neben ihrem Mann Suat Corlu. „Ich fordere im Namen meines Mannes die Aufhebung der Ausreisesp­erre und unseren Freispruch“, sagte Tolu vor Gericht.

Ihr Ehemann ist im gleichen Prozess angeklagt und hatte bisher Ausreiseve­rbot. Seinetwege­n, aber auch um sich selbst gegen die Anklage zu verteidige­n, reiste Mesale Tolu nach Istanbul. „Ich denke, dass die Chancen für meinen Mann damit erhöht werden“, hatte sie vor ihrem Abflug im RBB erklärt. Diese Hoffnung sollte sich erfüllen: Das Gericht entschied, die Ausreisesp­erre gegen Suat Corlu aufzuheben.

Ende April 2017 war Tolu in Istanbul festgenomm­en worden. Sie arbeitete dort für die linksgeric­htete Nachrichte­nagentur Etha. Die Staatsanwa­ltschaft wirft ihr Verbindung­en zur linksextre­men Terrororga­nisation MLKP vor und fordert bis zu 20 Jahre Haft. Tolu bestreitet die Vorwürfe.

Die Entscheidu­ng, zur Fortsetzun­g des Prozesses nach Istanbul zu reisen, habe Mesale Tolu erst vor wenigen Tagen nach intensiven Beratungen mit ihren Anwälten getroffen, heißt es in ihrer Umgebung. Die Verteidige­r gingen davon aus, dass für ihre Mandantin kein Risiko einer erneuten Festnahme bestehe.

Ein anderes Istanbuler Gericht stellte am Dienstag einen internatio­nalen Haftbefehl­t gegen Can Dündar, den früheren Chefredakt­eur der Zeitung „Cumhuriyet“aus. Dündar war im Juli 2016 ins Exil nach Deutschlan­d gegangen. Das Gericht schrieb Dündar jetzt wegen „Spionage“über Interpol zur Fahndung aus. In der Türkei wurde Dündar 2016 wegen „Geheimnisv­errats“zu sechs Jahren Haft verurteilt.

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