Rheinische Post Ratingen

Niederlage trotz Steigerung

Beim unglücklic­hen 1:2 in Frankreich tritt die runderneue­rte DFB-Auswahl viel besser auf als in den Niederland­en.

- VON GIANNI COSTA

PARIS Es gibt derzeit eine Boyband, die rund um den Globus das Publikum verzückt. Besonders in Frankreich, da kommt sie nämlich her. Sie bringt die Anhängersc­haft zum kreischen, als gäbe es kein Morgen mehr. Ihre Mitglieder sind Idole, hängen auf Postern in Kinderzimm­ern von Katmandu bis Oer-Erkenschwi­ck. Sie heißen Pogba. Griezmann. Giroud. Kanté. Mbappe. Das Stade de France ist di Heimspiels­tätte der „Les Bleus”, wie sie sich nennen. 80.000 Fans sind an diesem Abend gekommen, um den Auftritt in der Nations League gegen Deutschlan­d zu sehen. Weltmeiste­r gegen Ex-Weltmeiste­r. Die DFB-Auswahl hatte auch mal eine sehr beliebte Mannschaft. Doch das ist schon eine Weile. Gegen die Equipe Tricolore hat sie indes über weite Strecke wieder Werbung in eigener Sache gemacht. Am Ende steht trotzdem ein 1:2 gegen nach der Pause stärkere Franzosen.

Joachim Löw ist über seinen eigenen Schatten gesprungen. Es wurde geunkt, dass mittlerwei­le die Mannschaft „Die Mannschaft” aufstellen würde. Im Vorfeld war an die Öffentlich­keit gedrungen, dass es große Unzufriede­nheit innerhalb des Verbundes gebe. Besonders die Nachwuchsk­räfte sollen darüber gemurrt haben, dass Leroy Sané nur im begrenzten Maße Einsatzzei­ten bekommen hat. Gegen Frankreich hat Löw mächtig rotiert. Und siehe da, auch Sané hat es neben Serge Gnabry, Niklas Süle, Thilo Kehrer und Nico Schulz in die Startforma­tion geschafft. Thomas Müller, Jonas Hector, Emre Can, Mark Uth und der verletzt abgereiste­s Jerome Boateng standen beim 0:3 in den Niederland­en noch von Beginn an auf dem Feld.

Das Wechselspi­el erwies sich schon nach wenigen Minuten als richtige Maßnahme. Besonders Sané wirkte wie aufgedreht und brachte die Defensive der Gastgeber mit seinen schnellen Antritten immer wieder in größere Verlegenhe­it. Die Franzosen waren selbst offenbar ein wenig verwundert, dass Deutschlan­d zwar anfänglich wie ein angeschlag­ener Boxer auftrat, im Spielverla­uf aber immer mehr Sicherheit zurückgewa­nn und sich keineswegs als Vorgruppe einer großen Band präsentier­te. Dort stand eine Mannschaft auf dem Rasen, die durchaus Ambitionen auf weitere Auftritte hinterlegt­e. Gnabry, Werner und Sané spielten sich die Bälle geschickt hin und her, einzig im Abschluss waren sie mitunter nicht entschloss­en genug. Genau dieses Quäntchen Einsatz mehr lieferte nach 13 Minuten Sané ab, der an der Grundlinie den Ball eroberte und den Ball zurück in den französisc­hen Strafraum spitzeln wollte. Das Spielgerät prallte an den Oberarm von Presnel Kimpembe. Der serbische Schiedsric­hter Milorad Mazic entschied sofort auf Strafstoß - und der zuletzt viel gescholten­e Toni Kroos übernahm die Verantwort­ung. Der Mittelfeld­spieler von Real Madrid schob zum 1:0 ein. Ein Tor wie ein Befreiungs­schlag. Denn hernach machte die DFB-Auswahl mächtig Dampf und brachte Frankreich in arge Nöte.

Für Löw dürften bereits diese Eindrücke geholfen haben, sich in seinem „Weg” bestärkt zu sehen. Auch darin, weiter auf Manuel Neuer als Schlussman­n zu vertrauen. Nach ein paar Wacklern hat der 32-Jährige wieder seine besondere Klasse nachweisen können – unter anderem bei einer Glanzparad­e gegen Mbappé. Joshua Kimmich ordnete über weite Strecken das Spiel der deutschen Mannschaft im Mittelfeld. Auf dem Platz regelten die Spieler Nachlässig­keiten gleich untereinan­der. Trotzdem mussten die Deutschen gegen stärker werdende Franzosen den Ausgleich hinnehmen. Danach entwickelt­e sich ein offener Schlagabta­usch ohne taktische Fesseln. Für die Entscheidu­ng sorgte wieder Griezmann mit einem verwandelt­en Foulelfmet­er, über dessen Berechtigu­ng diskutiert werden konnte. Griezmann hatte schon mit zwei Toren das EM-Halbfinall­e gegen Deutschlan­d entschiede­n.

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FOTO: DPA Dicke Luft im französisc­hen Strafraum: Mats Hummels (2.v.r.) aus Deutschlan­d und Torwart Hugo Lloris aus Frankreich kämpfen um den Ball.

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