Stadt sucht Platz für Straßenbäume
Mehr als 800 Straßenbäume sollen in stark belasteten Vierteln gepflanzt werden. Die Standortsuche wird schwierig.
Die Innenstadt soll in den nächsten fünf Jahren spürbar grüner werden. Der Stadtrat hat jetzt mit breiter Mehrheit beschlossen, fünf Millionen Euro für zusätzliche Straßenbäume zu investieren. Sie sollen in besonders belasteten Vierteln gepflanzt werden. Es deutet sich bereits an, dass die Idee in der Praxis eine große Herausforderung wird. Denn in der eng bebauten City sind Standorte schwer zu finden und politische Debatten abzusehen. Die ersten 25 Bäume sollen im Winter gepflanzt werden.
Das Ampel-Bündnis aus SPD, Grünen und FDP hatte bereits kurz nach dem Antritt im Jahr 2014 das Straßenbäume-Programm ausarbeiten lassen, damals auch unter dem Eindruck von Orkan „Ela“. Allerdings blieben die Ergebnisse lange in der Schublade: Die Politik gab kein Geld frei. Angesichts der zeitweise schlechten Haushaltslage setzte man andere Prioritäten. Die Stadtkasse ist derzeit gut gefüllt, der Finanzierungsbeschluss fiel nun quasi nebenbei: Die Straßenbaum-Offensive ist Teil des Ausgleichs für das neue Open-Air-Gelände an der Messe, für das bis zu 60 Bäume gefällt werden sollen. Außer den Fraktionen des Ampel-Bündnisses stimmte auch die CDU-Opposition für den Antrag.
Das Gartenamt hat mit Hilfe eines Planungsbüros eine Liste mit Stadtteilen erarbeitet, die mehr Bäume besonders nötig haben. Zu den Kriterien gehörten Luftbelastung, Bevölkerungsdichte, zudem soziale Faktoren wie eine hohe Arbeitslosigkeit, die auf eine schlechte Wohnsituation hindeuten. In der obersten Kategorie der so ermittelten „Defiziträume“stehen Eller, Stadtmitte und Mörsenbroich. Es folgen Viertel in der Innenstadt und im Süden. Dort soll mit Priorität gepflanzt werden. Das Gutachten wurde noch nicht öffentlich vorgestellt, unsere Redaktion durfte es einsehen.
Gartenamts-Leiterin Doris Törkel sieht in dem Programm eine „Riesenchance für das Thema Stadtbaum“und einen wichtigen Beitrag zur Klimaanpassung etwa bei Hitzewellen wie in diesem Sommer. Sie weiß aber auch: Die Umsetzung wird viel Arbeit. Das Pflanzen ist dabei nicht das Problem. Törkel rechnet mit einem „großen planerischen Vorlauf“. Denn es gibt zwar bereits eine Liste mit 200 Straßenabschnitten, die bedacht werden sollen, vor jedem Baum steht aber eine Einzelfallprüfung – und die Hindernisse sind vielfältig.
Zu beachten sind etwa Leitungen im Boden, die Zufahrtswege der Feuerwehr oder die Oberleitungen der Rheinbahn. Zudem müssen Baumarten ausgewählt werden, die keine zu großen Kronen bilden – sonst beschweren sich die Anwohner über fehlendes Licht. 870 neue Straßenbäume sollen in den kommenden fünf Jahren gepflanzt werden. Darüber hinaus will das Gartenamt das Geld nutzen, um 176 kränkelnde Bäume aufzupäppeln. Die Bezirksvertretungen werden vor den Standort-Entscheidungen angehört.
Die Grünen bewerten es als ihren politischen Erfolg, dass das Baumprogramm nun finanziert wird, auch wenn es alle Fraktionen begrüßen. Die Befürworter des schließlich gescheiterten Ed-Sheeran-Konzerts hatten den Grünen in der Tat bereits im Frühjahr die Finanzierung der Straßenbäume angeboten, falls sie doch für das Konzert stimmen. Jetzt soll die Open-Air-Fläche doch kommen. Die Baumfällungen könnten wieder ein Streitpunkt werden: Während es im Antrag im Rat hieß, „nicht mehr als 60 Bäume“sollten weichen, kalkuliert die zuständige Stadttochter D.Live mit 70 Bäumen – ein Widerspruch, den man im Verfahren klären will.
Unsere Autorin Laura Ihme befürwortet den Vorstoß zu den Straßenbäumen – auch wenn er sehr spät kommt.
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